Gullivers Reisen

  • Autor: Swift, Jonathan

1. Schiffbruch
2. Gefangen im Land Liliput


3. Der Kaiser von Liliput
4. Der verhinderte Krieg
5. Ein neues Hemd
6. Der Schlossbrand
7. Im Land Blefuscu
8. Eine Reise ins Land der Riesen
9. Meine beste Freundin
10. Der Jahrmarkt
11. Ein Haus auf dem Meer
12. Reise ins Land der Houyhnhnms
13. Das Leben der Yahoos

 

 

 

1. Schiffbruch

Mein Name ist Gulliver, Lemuel Gulliver und ich bin Arzt, verheiratet und Vater von zwei wundervollen Kindern. Aber ich bin auch ein Abenteurer und habe vieles in meinem Leben erlebt.

Einmal heuerte ich auf einem Schiff an, der Antilope, und stach mit ihr im Mai des Jahres 1699 in See. Meine Frau und meine Kinder winkten mir zum Abschied.

Die Reise sollte uns nach Ostindien führen, und anfangs ging auch alles gut. Ich hatte als Schiffsarzt wenig zu tun, nur hin und wieder musste ich ein kleine Verwundung versorgen, zwei Blinddärme operieren – aber es gab keine besonderen Ereignisse an Bord.

Nun ja, eben bis zu jenem Tag, als plötzlich ein ungeheurer Sturm über den Ozean pfiff und das Schiff mächtig in Bedrängnis brachte. Es fuhr auf ein Riff auf – und die Antilope sank mit Mann und Maus bis auf den Grund des Meeres.

Ich hatte Glück und konnte mich retten, weil mich fünf Matrosen an Bord eines Ruderbootes zogen. Aber auch das kenterte und ich verlor das Bewusstsein.

Wie ich gerettet wurde? Ich weiß es nicht. Aber als ich wieder zu mir kam, da lag ich an einem weißen Strand. Wie ich später erfuhr war ich übrigens der einzige Überlebende der Antilope. Ihr könnt euch sicher gut denken wie sich meine Frau und meine Kinder gefreut haben als sie mich, ihren Vater und Ehemann, wieder lebend in die Arme schließen konnten – aber das ist eine andere Geschichte.

 

 

2. Gefangen im Land Liliput

Wenn man als Schiffsarzt unterwegs ist, dann erlebt man eine ganze Menge. Bei einer meiner Reisen gelangte ich ins Land Liliput – was ich natürlich erst später erfuhr.

Ich war nach einem Schiffsunglück gestrandet und an Land gespült worden. Am Strand musste ich wohl in der Sonne eingeschlafen sein, denn als ich erwachte, konnte ich mich kaum noch bewegen.

Vorsichtig blickte ich mich um und musste erkennen, dass meine Arme und Beine, ja sogar mein Kopf und meine Haare an unglaublich dünnen Seilen festgemacht waren.

Ich fragte mich die ganze Zeit über, wer wohl so geschickt gewesen sein könnte – zumal ich von der ganzen Aktion so rein gar nichts gemerkt hatte – da spürte ich ein unbändiges Kribbeln und Kitzeln an meinen Beinen.

Ich schaute genau hin und erkannte 40 winzig kleine Menschlein, die sich gerade mühevoll meinen Körper eroberten, so als sei es ein mächtiger Berg.

Sie waren bewaffnet mit Lanzen und Speeren, mit Pfeil und Bogen. So kleine Waffen hatte ich noch nie gesehen! Und als sie nahe genug an mein Gesicht heran gekommen waren, da schossen sie mit allem, was sie zur Verfügung hatten, direkt auf mein Augen, Wangen und die Nase, was nur ein wenig schmerzte, aber dennoch sehr unangenehm war.

Erst als die kleinen Wesen merkten, die kaum größer waren als mein kleiner Finger, dass von mir keine Gefahr ausging, da banden sie meine Fesseln los, fragten mich nach meinen Wünschen aus und gaben mir zu essen und zu trinken.

Alleine dafür waren rund 600 von ihnen im Einsatz, denn jedes noch so große Fass, das sie für mich herbeischafften, war für mich nicht mehr als ein Fingerhut.

 

 

 

3. Der Kaiser von Liliput

Fremde Länder bringen es mit sich, dass man immer wieder neue Menschen kennen lernt. Und so lernte ich, Lemuel Gulliver, im Laufe meines Lebens viele sonderbare Gestalten kennen.

Eine der ungewöhnlichsten war sicher der Kaiser von Liliput, einem Land, in dem Menschen wohnen, die nicht größer als ein paar Zentimeter sind.

Ihn und seine Gemahlin besuchte ich eines Tages. Er lud mich ein, in einem alten Tempel zu wohnen, der außerhalb der Stadt lag, denn nur so konnte er die Bewohner seines kleinen Staates vor meinem Schnarchen schützen, das sich für die Liliputaner wie Donnergrollen anhörte – so versicherte der König mir in einem Gespräch.

All seine Untertanen kamen zu mir, um den "Menschenberg" zu sehen. Sie kletterten an Gerüsten an mir hoch, bestaunten mich wie das siebte Weltwunder – und ganz langsam wurden wir Freunde.

Doch mein Besuch wurde dem Kaiser immer unangenehmer, weil nämlich die Bewohner Liliputs nicht mehr ihrer Arbeit nachgingen, sondern so oft sie konnten, mir einen Besuch abstatteten.

Auf der anderen Seite "verschlang" ich nach ihrem Ermessen natürlich Unmengen an Nahrungsmitteln und so verbot der Kaiser eines Tages einfach die Besuche bei mir, um das Land vor einer drohenden Hungersnot zu retten.

 

 

 

4. Der verhinderte Krieg

Manchmal kommt man in seinem Leben mehr als einmal an ein und denselben Ort. Gerade wenn man so viel unterwegs ist wie ich.

Im Lande Liliput hatte ich schon viele Freunde, deshalb wurde ich bei meinen Besuchen stets gut aufgenommen. Eines Tages aber empfing mich eine seltsame Stimmung und bald stellte sich heraus, dass mein bester Freund, der Kaiser dieses Landes, große Nöte hatte.

Viele seiner Untertanen nämlich waren einst ausgewandert auf die Nachbarinsel Blefuscu. Man hatte sich in Liliput nämlich nicht darauf einigen können, ob man Eier an der breiten oder spitzen Seite aufzuschlagen habe, und so war ein böser Streit entbrannt.

Nun wollten sich die Auswanderer aber „ihr Liliput“ zurück erobern und hatten eine Menge Kriegsschiffe im Hafen Blefuscus zusammen gebracht. Die sah ich bei einem Spaziergang rein zufällig und warnte den Kaiser Liliputs vor einem Angriff.

Er war ganz außer sich vor Angst um sein Land und wusste sich nicht zu helfen, da kam mir die rettende Idee.

Ich nahm mein Taschenmesser und stapfte durch das für mich nicht einmal kniehohe Wasser bis zur Nachbarinsel.

Als mich die Bewohner, die ebenso klein waren wie die Menschen in Liliput, kommen sahen, da sprangen sie vor lauter Verzweiflung ins Wasser und ließen ihre Schiffe einfach Schiffe sein. Ich hatte also leichtes Spiel, schnitt mit meinem Taschenmesser die Taue durch, mit denen die Kriegsschiffe befestigt waren und zog sie wie Spielzeugautos so leicht in den Hafen von Liliput.

Dort wurde ich gebührend vom Kaiser und den Bewohnern begrüßt – immerhin hatte ich so einen Krieg verhindert.

 

 

 

5. Ein neues Hemd

Ich nahm auf meine Schiffsreisen immer gerne ein paar ungewöhnliche Geschenke für meine Freunde mit und wurde von ihnen ebenfalls reichlich beschenkt.

Im Lande Liliput hatten sich die Bewohner einmal etwas ganz Besonderes überlegt. Sie wollten mir einen neuen Anzug samt Hemd schneidern. Das wäre auch gar kein Problem gewesen, aber jeder Schneider dieses Landes war nur so groß wie mein kleiner Finger und die Nähnadeln so klein, dass ich sie höchstpersönlich mit dem bloßen Auge gar nicht ausmachen konnte.

Tagelang nahmen die Schneider Maß. Ich wurde von Kopf bis Fuß vermessen. Dann brachen die Herren auf, um sich den entsprechenden Stoff zu besorgen – doch so viel Stoff gab es im ganzen Land Liliput nicht. So mussten die Schneider aufgeben.

Allerdings schafften sie es, mir ein wundervolles Hemd auf Maß anzupassen. Das besitze ich bis auf den heutigen Tag.

 

 

 

6. Der Schlossbrand

Freunde helfen einander auch in der Not. Das wurde mir bewusst, als ich bei einem meiner Besuche im Land Liliput, wo nur kleine Menschen wohnen, das Schloss des Kaisers in hellen Flammen sah.

Nun müsst ihr natürlich wissen, dass mir die Häuser und Türme gerade einmal bis zur Kniekehle reichten und ich bequem durch die Stadt laufen konnte. Nur manchmal musste ich ein wenig aufpassen, um die Bauwerke nicht aus Versehen zu zertreten.

Als ich nun das Schloss brennen sah, da dachte ich mir gleich: „Hier musst du helfen“. Die Bewohner des Ortes versuchten nämlich mit Fingerhut großen Eimern die Flammen zu löschen. Das klappte natürlich nicht und schon drohte die ganze Stadt abzubrennen.

Zunächst spukte ich kräftig in die Flammen des winzigen Schlosses. Doch alles Spuken löschte das Feuer nicht. Da schoss es mir blitzartig durch den Kopf.

Am Abend zuvor hatte ich eine ganze Menge Wein genossen und bislang noch nicht die Möglichkeit gehabt, meine Blase zu entleeren. So tat ich nun, wie alle Jungen tun, wenn sie ganz dringend aufs Klo müssen: Ich pullerte aufs Schloss - und im Nu waren die Flammen aus.

 

 

 

7. Im Land Blefuscu

Als Schiffsarzt habe ich die Meere bereist und viele Inseln und ungewöhnliche Menschen erlebt. Von den einen wurde ich gut aufgenommen, von den anderen weniger gut.

Besondere Freunde fand ich auf der Insel Blefuscu, weit weg von hier. Die Bewohner waren Stecknadel groß, hatten aber ein herzliches Gemüt und einen König, der gerne und aus vollem Herzen lachte.

Ich hatte ihm einmal einen kleinen Dienst erwiesen als ich einen Krieg mit der Nachbarinsel verhinderte und mich auch später einmal für seine Belange bei einem anderen Staatsoberhaupt.

Ich weilte so lange auf der Insel Blefuscu, dass ich mein Schiff, welches mich nach Hause bringen sollte, verpasst hatte und nun nach einem neuen Ausschau halten musste. Dabei half mir das ganze Volk und der König höchstpersönlich.

Da aber Blefuscu weit aber von jeder Schifffahrtslinie liegt, war ich schon dankbar als eines Tages am Horizont ein altes Ruderboot auftauchte, das ich mir sofort an Land zog – die Gewässer waren ja für einen Riesen wie mich nicht tief und das Boot war herrenlos.

Ich muss euch nicht erzählen, dass mir die Bewohner der kleinen Insel Blefuscu das Boot aufs Schönste herrichteten und mir jede Menge Lebensmittel an Bord gaben. So stach ich gut versorgt in See, wurde nach einigen Tagen von einem großen Dampfer aufgenommen und kam glücklich in mein Vaterland zurück.

 

 

 

8. Eine Reise ins Land der Riesen

Wer als Arzt zur See fährt, der erlebt im Laufe seines Lebens eine Menge merkwürdiger Dinge. Einmal entkam ich mit meiner Mannschaft nur knapp einem schlimmen Unglück.

Wir hatten dabei zwar unser Leben behalten, nicht aber unsere Vorräte und so mussten wir mit Ruderbooten zu einer kleinen Insel übersetzen, um uns Trinkwasser und Lebensmittel zu besorgen. Wir teilten uns auf und ich zog schließlich alleine aus.

Als ich zur verabredeten Stunde wieder an den Strand kam, an dem unser Ruderboot lag, da sah ich meine Kameraden nur noch wild gestikulierend mit dem Boot das Weite suchen – mich hatten sie allein auf der Insel zurückgelassen.

Ich blicke mich um – und da sah ich auch schon, warum meine Mannschaft geflohen war. Ein unvorstellbar großer Riese, wohl 20 Meter in der Länge, stand hinter mir.

Noch aber hatte er mich nicht gesehen, denn er versuchte gerade meine Kameraden in ihren kleinen Boot zu erhaschen.

Ich nahm also die Beine in die Hand und floh in einen nahe gelegenen Wald, der sich dann bei genauerem Hinsehen als ein riesenhaftes Kornfeld entpuppte. In zehn Meter Höhe hingen die Ähren. Wäre eine abgefallen, so wäre ich sicher erschlagen worden.

Und da sah ich ihn auch schon. Einen zweiten Riesen, der gerade dabei war das Korn zu ernten, bewegte sich mit seiner großen Sense geradewegs auf mich zu.

Wollte ich nicht zertreten werden, so musste ich blitzschnell handeln. Ich kletterte einen Halm hinauf, sprang dem Riesen schließlich an das Knie und machte mit lautem Rufen und allerlei Bewegungen auf mich aufmerksam.

Und tatsächlich! Der Riese sah mich, hielt mich aber wohl für eine Spinne, hob mich dann wohl 19 Meter in die Luft und dann blickten wir uns Auge in Auge an.

Ich war gerettet – und der Mann nahm mich mit nach Hause.

 

 

 

9. Meine beste Freundin

Wenn man in ein Land reist, dessen Bewohner so ganz anders sind als man selbst, dann ist es gut, wenn man einen guten Freund an seiner Seite hat.

Ich hatte einst eine ganz besondere Freundin. Sie hieß Glumbda, wohnte in Brobdingnag, einem Land, in dem es Kinder immerhin schon bis zu einer stattlichen Größe von zehn Metern bringen.

Glumbda war zehn Meter groß und dabei gerade einmal zehn Jahre alt. Als ich zu ihren Eltern ins Haus kam, da adoptierten sie mich gleich. Ich war ja für sie auch ein vorzüglicher Spielgefährte für ihr Kind, denn wer hat schon lebendige Puppe.

Außer Glumbda und ihrem ein Jahr älteren Bruder gab es noch ein Baby in der Familie, das mich fast einmal mit seinen Patschhänden wie eine Fliege zerdrückt hätte.

Außerdem gab es einen Hund, so groß wie drei Ochsen, und eine Katze, deren Schurren an das Geräusch eines lauten Webstuhls erinnerte. Nun gut, es war das Land der Riesen, in dem ich mich befand.

Glumbda aber behandelte mich ganz vorzüglich. Sie nähte mir kleine Kleidchen, baute ein Bettchen für mich und gab mir stets die besten Krümel ihres Fleisches ab. Dabei hatte der Topf, aus dem sie das Fleisch nahm, einen Durchmesser von fünf Metern und der Tisch, an dem wir aßen, maß sicherlich 40 Meter in der Länge, acht Meter in der Breite und auch acht Meter in der Höhe.

Stellt euch nur einmal vor, ich wäre dort herunter gefallen ...

 

 

 

10. Der Jahrmarkt

Ich habe in meinem Leben auch manches Mal Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Aber das bleibt nicht aus, wenn man viel unterwegs ist.

Eines Tages geriet ich in einem Land, dessen Name mir entfallen ist, aber dessen Bewohner so groß waren, dass sie mit ihren Köpfen fast den Himmel berührten, in die Hand eines ruchlosen Bauern.

Der hatte von der Arbeit auf dem Felde genug und darum beschlossen, mich auf dem Jahrmarkt auszustellen, um nun auf diese Art und Weise sein Geld zu verdienen.

In seinen Augen war ich nämlich ein winziger Zwerg, ohne Rechte und eigene Wünsche. Er zog mit mir von Rummelplatz zu Rummelplatz, die Leute zahlten sogar viel Geld, um mich zu sehen.

Eines Tages hörte die Königin des Landes von mir. Und das war mein Glück. Sie befreite mich aus den Fängen des Bauern, nahm mich mit auf ihr Schloss.

Von nun an wurde ich wie in einem goldenen Käfig gehalten und man wollte mir gar eine passende Frau suchen – dabei wartete mein liebes Weib im fernen England auf meine Heimkehr.

Gut war nur, dass die Königin irgendwann keinen Gefallen mehr an meiner Person fand und mich frei ließ.

 

 

 

11. Ein Haus auf dem Meer

Wenn ich zurückdenke an mein Leben, dann kann ich nur sagen, dass ich so einiges erlebt habe. Und daran würde ich euch gerne teilhaben lassen.

Einmal fischten mich Seeleute aus dem Meer. Ich hatte Schiffbruch erlitten, war auf einer Insel gelandet und dann mit samt meinem Haus, das mir die Bewohner dieses Landes gebaut hatten, ins Meer gespült worden.

Dazu müsst ihr wissen, dass es ein Land der Riesen war und ich ungefähr die Ausmaße eines kleinen Püppchens hatte. Doch das Haus, das die Riesen für mich gebaut hatten, war durchaus stabil und überstand die ungewöhnliche Reise auf dem Wasser durchaus gut.

Als man dieses ungewöhnliche Reisefahrzeug schließlich sicher an Bord eines Schiffes gezogen hatte, klopfte noch am selben Tag der Kapitän an meine Tür.

Ich sprang sofort von meinem Bette auf, auf welchem ich mich wie in einer Schiffskoje befand, rief freundliche „Herein“ und freute mich riesig, wieder Landsleuten in gleicher Größe ins Gesicht sehen zu können.

Meine Frau und meine Kinder freuten sich nach der Ankunft im englischen Hafen sehr. Immerhin hatten sie mich schon lange für tot gehalten. Denn erst jetzt erfuhr ich, dass ich wochenlang verschollen gewesen war.

 

 

 

12. Reise ins Land der Houyhnhnms

Nicht immer in meinem Leben war ich Schiffsarzt. Einmal gelang es mir sogar als Kapitän auf einem Schiff anzuheuern.

Doch ich sollte nicht lange Freude an der Aufgabe haben. Schnell begann meine Mannschaft zu meutern und verbannte mich auf eine Insel. Sie schien unbewohnt.

Doch dann sah ich ein Pferd und freute mich schon auf einen treuen Weggefährten. Doch das Pferd verhielt sich so ganz anders als die Pferde, die ich kannte.

Es nickte mir freundlich zu, trat neugierig näher an mich heran und rieb schließlich mit seinem rechten Vorderhuf über meinen Hut.

Dann wandte sich das Tier seinem Begleiter zu und sagte ein Wort, das sich wie „Yahoo“ anhörte. Beide schienen so überrascht über mein Erscheinen zu sein, dass sie mir schließlich andeuteten, sie zu begleiten.

Das tat ich natürlich gerne und hoffte schon auf das nächste Abenteuer.

Wir kamen an ein Haus, das wahrlich keinem Stall glich, und das Pferd bat mich herein. Wie erstaunt aber war ich, als ich sah, dass hier nicht sein Herr, sondern das Pferd selbst wohnte. Mit seiner Frau und einer ganzen Schar von Kindern.

Und nicht nur das war ungewöhnlich. Nein, es war sogar so, dass wir nun von menschenähnlichen Wesen bedient wurden.

Jetzt wusste ich, dass ich im Land der sprechenden Pferde, der Houyhnhnms, gestrandet war und in diesem Land ist eben vieles anders als bei uns in England.

 

 

 

13. Das Leben der Yahoos

Einmal, als ich bei einer Reise ins Land der sprechenden Pferde kam, lernte ich ganz merkwürdige Wesen kennen.

Auf den ersten Blick glichen sie uns Menschen, waren aber viel behaarter als wir. Man könnte denken, dass sie eine Mischung aus Affe und Mensch waren.

Und in manchen Dingen verhielten sie sich auch wie Affen. Sie wohnten in ganz schäbigen Unterkünften, die man nicht einmal Häuser nennen konnte, hielten wenig von Sauberkeit und verrichteten für die sprechenden Pferde mancherlei Dienste – hielten beispielsweise deren Häuser sauber oder arbeiteten auf dem Feld.

So wundert es natürlich nicht, dass mich die sprechenden Pferde zunächst auch für einen „Yahoo“ – so nannten sie diese menschenähnlichen Wesen – hielten.

Nach und nach aber erkannten sie, dass ich mich in mancherlei Dingen von diesen Gestalten unterschied. So erlernte ich beispielsweise recht schnell die Sprache der Pferde.

Das war mir umso lieber, weil ich bald bemerkt hatte, dass man mit den Yahoos wirklich kein ordentliches Gespräch führen konnte. Mehr als ein paar unverständliche Laute brachte sie nämlichg nicht hervor.

Ganz besonders guten Kontakt hatte ich schließlich zu einem Pferd – wir waren fast so etwas wie Freunde. Manchen Abend habe ich mit ihm an einem Tisch verbracht.

Ich erfuhr viel über sein Land und er staunte nicht schlecht als ich ihm von England erzählte. Nein, solch einen Yahoo wie mich hatte mein Pferdefreund noch nicht kennen gelernt. Doch wie es ist im Leben. Wir wurden zwar gute Freunde, doch viele andere Pferde mochten mich nicht um sich haben.

Und so musste ich das Land, in dem es mir wirklich gut gefallen hat, bald verlassen.