11. KapitelIn dem Don Quichotte seine Dulzinea nicht erkennt

  • Autor: Cervantes, Miguel de

Es dauerte nicht lange, da wurde es Don Quichotte und Sancho Pansa zuhause sehr langweilig. Ja, wirklich, dem Bauern auch. Er hatte sich an das Ritterleben gewöhnt und redete schon fast so geschwollen daher wie sein feiner Herr. Insgeheim verabredeten sie also, bald wieder auf abenteuerliche Fahrt zu gehen. Allerdings wollte Sancho Pansa vor dem Aufbruch noch eine Kleinigkeit klarstellen.

„Wenn ich euch noch mal begleiten soll, müsst ihr mir ein Gehalt zahlen.“

„Wie?“, raufte sich Don Quichotte die Haare. „Das hat’s ja bei den Rittern noch nie gegeben. Ein Schildknappe, der Geld bekommt. Nichts da! Sobald wir eine Insel oder eine Grafschaft erbeuten, ist sie dein. Aber sonst kriegst du von mir keinen Pfennig. Und wenn du nicht willst, so bleib halt daheim.“

Da wurde Sancho Pansa angst und bange, Don Quichotte könnte ihn tatsächlich zuhause lassen. Zähneknirschend willigte er also in den Handel ein.

Eines Abends machten sie sich heimlich aus dem Staub – und wohin führte sie ihr erster Weg? Nach Toboso, denn Don Quichotte wollte vor seiner Reise einen Kniefall vor seiner Geliebten machen.

Es war schon Nacht, als sie dort ankamen. Die Hunde bellten, die Esel iahten und die Schweine grunzten in tiefem Schlaf. Sancho Pansa war’s furchtbar peinlich, dass er das Haus von Don Quichottes Geliebten gar nicht kannte. Er hatte Angst, nun würde sein Betrug mit dem Brief auffliegen. Schließlich fiel ihm etwas ein:

„Herr“ sagte er, „es gehört sich doch nicht, dass ihr so unangemeldet bei Eurer Dame hereinschneit. Wollt ihr nicht vor dem Ort warten, dieweil ich euch bei ihr anmelde?“

Don Quichotte war einverstanden und so ritten sie zum Stadttor hinaus. Don Quichotte vertrieb sich die Wartezeit, indem er Liebesgedichte vor sich hersagte. Sancho ritt ein Stück weiter und legte sich ein paar Stündchen aufs Ohr, damit sein Herr glauben sollte, er habe in der Zwischenzeit den Auftrag erledigt.

Wie es der Zufall so wollte, begegneten ihm auf dem Rückweg drei Bäuerinnen mit ihren Eseln. Da hatte er eine Idee. Er trieb sein Grautier an und schrie:

„Herr, ihr habt Glück. Dort kommt sie gerade des Wegs mit zwei Hofdamen auf ihren Zelten.“

„Du meinst wohl Zelter“, sprang Don Quichotte auf die Beine, „denn so nennen die Adeligen ihre Pferde.“

„Ja, freilich, das mein ich, aber fallt mir nicht immer ins Wort. Schön ist sie, von Kopf bis Fuß geschmückt mit Rubinen und Diamanten und ihre Augen strahlen wie zwei Perlen.“

Unwillig versetzte Don Quichotte. „Wie kann sie denn Augen wie zwei Perlen haben. Da würde sie ja glotzen wie ein Fisch. Du meinst wohl sie ist geschmückt mit Perlen und ihre Augen strahlen wie Diamanten.“

In der Zwischenzeit waren die drei Bäuerinnen herangekommen und Sancho fiel gleich vor ihnen auf die Knie. Don Quichotte tat es ihm gleich, allerdings sah er ein wenig verwirrt drein, denn schön waren die drei wahrhaftig nicht. Vor allem die mittlere hatte ein Gesicht wie ein Pfannkuchen mit einer flach gedätschten Nase. Da erhob er seine Stimme zu einem Wehklagen:

„Du böser Zauberer, was tust du mit mir Elendem an? Nun hast du mir gar die Augen verblendet, dass ich die Schönheit meiner Herzensdame nicht mehr erkennen kann.“

Die drei Bäuerinnen aber gaben ihren Eseln eins hintendrauf und machten, dass sie wegkamen.