Die Quäker

  • Autor: Beecher Stowe, Harriet

Die Küche war geräumig und sehr sauber. Der gelbe Fußboden glänzte, grüne, feste, alte Stühle und zwei Schaukelstühle befanden sich in der Küche. Der Herd war gut geschwärzt und die Töpfe blinkten. In dieser Küche saß Elisa in dem einen Schaukelstuhl. Sie hatte eine Handarbeit im Schoß. Sie war blasser und dünner, um ihre Augen lagerte ein stiller Schmerz. Harry war ebenfalls in der Küche und sprang lustig herum. Neben Elisa saß eine Frau, die eine blanke Zinnschüssel auf dem Schoß hielt. Sie war nicht mehr jung, sie mochte vielleicht fünfundfünfzig oder sechzig sein, aber sie war schön. Die Augen blickten klar und freundlich und an ihrem Häubchen, das auf dem glatten Haar saß, erkannte man die Quäkerin. Ihr Name war Rachel Halliday. Sie sortierte getrocknete Pfirsiche. "Willst du wirklich immer noch nach Kanada gehen?", fragte sie Elisa. Die nickte entschlossen. "Du kannst hier bleiben, so lange wie du magst.", sagte Rachel sanft. "Ich danke Ihnen.", sagte Elisa. "Aber ich muss gehen. Ich fühle mich nicht sicher. Erst letzte Nacht habe ich wieder von jenem Mann geträumt." Sie schauderte. Rachel wischte sich die Tränen aus den Augen. "Armes Kind.", flüsterte sie. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Ruth Stedman trat ein. Auch sie war eine Quäkrein, aber sie war jung, vielleicht fünfundzwanzig und sie hatte ein Baby bei sich, das sie nun auszog und auf den Fußboden setzte. Rachel stellte ihr Elisa vor und Ruth begrüßte sie sehr freundlich.

Während Ruth und Elisa sich den Handarbeiten widmeten, bereiteten Rachel und ihre Tochter Mary Kuchen zum Tee vor und setzten die getrockneten Pfirsiche auf einer Schmorpfanne auf das Feuer. Rachel und Ruth unterhielten sich über die Kranken im Dorf und besprachen, wer sich um die Kranken kümmern sollte. Während sie vereinbarten, dass Ruths Ehemann John zu Rachel zum Essen kommen sollte, während Ruth einen Krankenbesuch machte, trat Simeon ein. Simeon Halliday war ein hünenhafter Mann, der Ruth freundlich begrüßte. Rachel schob den Kuchen in den Ofen. "Was gibt's Neues?", fragte sie. Simeon Halliday sah sie an. "Peter Stebbins sagte, dass sie heute Abend mit Freunden vorbeikommen." antwortete er bedeutungsvoll und wusch sich die Hände an dem kleinen Waschtisch. "Dein Name ist doch Harris?", fragte Simeon nun Elisa. In Elisas Augen flackerte die Angst, als sie nickte. Simeon Halliday winkte Rachel und Ruth bei Seite. "Der Mann der jungen Frau ist in der Siedlung. Peter war gestern auf der anderen Station und traf dort zwei Männer und eine alte Frau. Der eine Mann nannte sich Georg Harris. Alles, was er erzählte, weist darauf hin, dass er der Ehemann von Elisa ist. Er ist ein hübscher, stattlicher Mann." Als Ruth diese Neuigkeiten hörte, klatschte sie begeistert in die Hände. "Lasst uns Elisa die guten Nachrichten überbringen!", rief sie und eilte in die Küche zurück. Rachel ging ihr nach. Sie öffnete die Tür zur Schlafstube und sagte zu Elisa: "Komm hier herein. Es gibt Neuigkeiten." Elisa erhob sich. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Rachel gehorchend trat sie an ihr Bett. Rachel schloss die Tür hinter sich und zog Elisa in ihre Arme. "Dein Mann konnte entkommen! Gott sei Dank. Er ist unter Freunden, die ihn heute noch hier her bringen." Elisa wiederholte tonlos: "Noch heute!" Dann sank sie in Ohnmacht.

Elisa träumte. Sie träumte von Georg und von Harry. Sie hörte die Schritte ihres Mannes und fühlte, wie er die Arme um sie legte. Seine Tränen fielen auf ihr Gesicht. Da erwachte sie und es war kein Traum! Georg war gekommen!

Am nächsten Morgen gab es ein fröhliches und üppiges Frühstück im Quäkerhaus. Die Vorbereitungen waren vielfältig und langwierig, aber alle waren bester Laune und begrüßten Georg, Elisa und Harry herzlich, als diese aus der Schlafstube traten.

Zum ersten Mal saß Georg mit weißen Menschen gleichberechtigt am Tisch. Er war noch scheu und vorsichtig, aber im Angesicht der ehrlichen Herzlichkeit der Gastgeber, zerstreuten sich Georgs Sorgen zunehmend. Ein neuer Glaube an Gott erfüllte ihn. "Ich hoffe, ihr kommt unseretwegen nicht in Schwierigkeiten.", meinte Georg besorgt. "Und wenn schon.", sagte Simeon unbekümmert. "Was wir tun, tun wir vor Gott und den Menschen. Heute musst du dich still verhalten. Erst heute Abend wird Phineas Fletcher dich mit zur nächsten Siedlung nehmen. Dich und den restlichen Transport. Die Verfolger sind euch auf der Spur. Ihr dürft keine Zeit verlieren. Hier in der Siedlung seid ihr bei Tageslicht sicher. Reisen aber kann man erst in der Dunkelheit."