3. KapitelIn dem Don Quichotte mit Windmühlen kämpft

  • Autor: Cervantes, Miguel de

Aus seinem letzten Abenteuer hatte Don Quichotte etwas gelernt: Ein echter Ritter braucht nicht nur eine Dame, für die er in den Kampf zieht, sondern auch einen Knappen, der ihm nach der Schlacht wieder auf die Beine hilft. Er schaute sich im Dorf nach einem geeigneten Begleiter um. Sein Auge fiel auf einen braven Bauern namens Sancho Pansa. Das heißt so viel wie Sancho Bauch und tatsächlich war der Bauer fast so breit wie hoch. Essen und Trinken war ihm das Liebste auf der Welt. Dafür aber waren seine Geisteskräfte eher bescheiden.

Jeden Morgen verschwand der Edelmann nun im Dorf und seine Nichte sagte zufrieden: „Gell, Onkel, zu Hause ist’s doch am schönsten.“ Der Junker aber ging schnurstracks zu dem Bauern aufs Feld und säuselte ihm die süßesten Versprechungen ins Ohr: „Sancho, willst Du König werden? Ich schenke Dir ein ganzes Königreich, wenn Du mir hilfst, es zu erobern. „Nun ja“ meinte das Bäuerlein und kratzte sich hinter dem Ohr, „wenn ich König werde, dann wird wohl meine Frau Königin?“ „Freilich“, versicherte Don Quichotte eilfertig. Doch Sancho lehnte dankend ab: „Meine Frau taugt nicht zur Königin. Bürgermeister reicht vollkommen.“

Solcherart einig geworden, machte sich das ungleiche Paar auf den Weg. Der lange, dürre Don Quichotte auf Rosinante und der kurze, dicke Sancho Pansa auf seinem Esel. Der Herr war zwar der Meinung, es zieme sich nicht für einen Knappen, auf einem Esel zu reiten. Doch zu Fuß gehen wollte Sancho Pansa auf keinen Fall. Vor allem, weil er ja auch eine großen, schweren Proviantsack dabei hatte. Don Quichotte sah ein, dass der Bauer auf seinen kurzen Beinchen nicht so weit rennen konnte, und stimmte zähneknirschend zu. Im Dorf aber war der Jammer groß, als die Leute entdeckten, dass der Edelmann wieder weg war und noch dazu einen braven Familienvater mitgenommen hatte.

Während Sancho Pansas Frau und seine Kinder heulten, dass die Wände wackelten, ließ sich dieser die Sonne auf den Bauch scheinen. Bald kamen die beiden Reiter an ein Feld voll Windmühlen. Da strahlte Don Quichotte und rief seinem Knappen zu: „Sieh her, da stehen 30 Riesen mit ihren langen Armen. Denen werde ich jetzt den Garaus machen.“ Und schon war er auf und davon.

„Halt“, schrie Sancho Pansa hinterher, „das sind doch nur Windmühlen.“

„Unfug“, brüllte ihm Don Quichotte über den Rücken zu, „Riesen sind’s und gleich wirst du sehen, wie sie vor mir kuschen.“

So stürmte er mit angelegter Lanze auf eine Windmühle los. Gerade da kam eine starke Windböe auf, so dass sich die Flügel schneller drehten. „Zack“ zerbrach die Lanze, „Wusch“ bekam der tapfere Kämpfer eine Ohrfeige, und „Rumms“ riss es ihn vom Pferd, so dass er noch ein paar Meter über den steinigen Felsboden rollte.

Nun war es doch gut, dass Don Quichotte Sancho Pansa mitgenommen hatte. Der eilte herbei und half seinem geschlagenen Herrn wieder in den Sattel. Dabei schimpfte er: „Ich hab’s euch doch gesagt, dass das keine Riesen sind. Ihr habt wohl selbst den Kopf voller Windmühlen.“ Da wurde der Junker aber zornig und tobte: „Das war der Zauberer, der mir meine Bücher gestohlen hat. Der hat die Riesen verwandelt und gemacht, dass ich nicht gewinnen konnte.“

So ritten sie weiter, wobei Don Quichotte merkwürdig still war. „Habt Ihr arge Schmerzen?“, wollte Sancho wissen. „Freilich“, gab sein Herr zu, „aber ein echter Ritter klagt nicht.“ Das konnte der Knappe nicht verstehen: „Also wenn mir was wehtut“, gab er zurück, „dann schrei’ ich es so laut heraus, wie ich nur kann.“ Dann packte er seine Brotzeit aus, biss herzhaft in einen Kanten Brot, kaute ein paar Häppchen geräucherten Schinken und trank etliche Schluck Wein. So aß der Diener in aller Gemütsruhe und ergötzte sich an dem Ausflug, während sich der Herr schweigend den Kopf zerbrach, wie er seiner verehrten Dulzinea diese erneute Niederlage erklären wollte.