Das Diner

  • Autor: Dumas, Alexander

Indessen empfing der Graf von Monte Christo seine Gäste in Auteuil. Nach der ersten Begrüßung sah er, wie sein Verwalter, Bertuccio, durch die halb geöffnete Tür blickte.

"Was wollen Sie, Bertuccio?"

"Seine Exzellenz hat mir die Zahl der Gäste nicht genannt."

"Ah! Das ist wahr. Zählen Sie selbst."

Bertuccio sah genauer hin: "Oh, mein Gott!", rief er.

"Was denn?", sagte der Graf.

"Diese Frau… mit dem weißen Kleid, die Blonde…"

"Madame Danglars?"

"Ich kenne ihren Namen nicht. Aber es ist die, die vor zwanzig Jahren hier in anderen Umständen war." Bertuccio erbleichte und deutete stumm mit dem Finger auf Villefort. "Sehen Sie nur, ich habe ihn also nicht getötet?"

"Staatsanwalt Villefort? Mein braver Bertuccio, wie sie sehen, ist er quicklebendig. Offensichtlich haben Sie ihn damals nur verwundet."

Den Sohn dieser beiden Personen hatte er gerettet und zu seiner Schwägerin gebracht. Und eben jenen Benedetto sah er auch bei den Gästen stehen.

Der Graf von Monte Christo stellte den jungen Mann und einen älteren in dessen Begleitung, als Andrea und Major Bartolomeo Cavalcanti vor. Der Major war ein vom Grafen bezahlter Schauspieler und Gauner. Gegen eine stattliche Rente, gab sich Benedetto als dessen Sohn Andrea aus und spielte seine Rolle perfekt, nichts ahnend in welcher Gesellschaft er sich befand.

Die Gesellschaft hatte sich eingefunden. Außer dem Kapitän Maximilian Morel, der glücklich war, seine Valentine zu treffen, sah man den Liebhaber von Madame Danglars, Herrn Debray - den reichen Chateau-Renaud, Baron und Baronin Danglars und das Ehepaar von Villefort.

Der Staatsanwalt und die Baronin Danglars brauchten all ihre Selbstbeherrschung, um diese Stunden zu überstehen. Nach dem Essen führte Monte Christo alle durch das Haus. In nur wenigen Tagen hatten seine Diener aus dem alten Haus, einen prunkvolles Domizil geschaffen. Nur ein Raum blieb auf Befehl des Grafen in seinem Urzustand.

In diesem düsteren Zimmer sprach der Graf von dunklen Ahnungen, die ihn verfolgten. "Aber, das ist alles nur Einbildung. Wahrscheinlich war diese Kammer nur das Zimmer einer Wöchnerin - und ein liebevolle Vater wiegte das Kind auf seinen Armen."

Hier stieß Madame Danglars einen Seufzer aus und war nahe daran, umzusinken.

Der Graf kostete die Situation aus, ja, er trieb sie noch weiter: "Sehen Sie", er zeigte durch das verstaubte Fenster in den Garten, "dort unten ließ ich graben, um neue Bäume zu setzen. Und dabei entdeckten meine Arbeiter ein Kistchen, in dem das Skelett eines neugeborenen Kindes lag!"

Nun fiel Frau Danglars wirklich in Ohnmacht. Alle liefen zusammen, um ihr zu helfen. Der Graf von Monte Christo borgte sich von Frau von Villefort das Fläschchen mit der ebenso wunderbaren, wie hochgiftigen Tinktur aus, das er ihr bei seinem Besuch überlassen hatte. Er ließ einen Tropfen des roten Saftes auf Frau Danglars Lippen fallen. Nach kurzer Zeit kehrte sie ins Leben zurück.

Nun beendete der Graf von Monte Christo sein grausames Spiel. "Verzeihen Sie - warum reden wir von alten Geschichten", rief er. "Die Sache muss über zwei Jahrzehnte her sein." Er bat seine Gäste zum Kaffee.

Zu seiner Genugtuung wurde er noch Zeuge, wie Herr von Villefort der Baronin Danglars, seiner ehemaligen Geliebten, zuraunte: "Wir müssen uns unbedingt sprechen!" Zitternd nickte sie.

Er flüsterte: "Kommen Sie morgen in mein Büro, das ist noch der sicherste Ort.

Nach dem Kaffee entließ der Graf seine Gäste.