Die Geschichte von dem Gespensterschiff

  • Autor: Hauff, Wilhelm

[von Wilhelm Hauff]

Mein Vater hatte einen kleinen Laden in Balsora. Er war weder arm noch reich, und er war einer von jenen Leuten, die nicht gerne etwas wagen. Er tat es aus Furcht, weil er das Wenige, was er hatte, nicht durch unbedachte Worte verlieren wollte.

Mein Vater brachte mich bald so weit, dass ich ihm zur Hand gehen konnte. Gerade als ich achtzehn Jahre alt war, starb er, wahrscheinlich aus Gram über eine Spekulation, die tausend Goldstücke im Meer versinken ließ. Denn wenige Wochen nach seinem Tod lief die Nachricht ein, dass das Schiff mit den Gütern meines Vaters versunken sei. Dieser Unfall konnte meinen jugendlichen Mut aber nicht zu Fall bringen. Ich machte alles zu Geld, was mein Vater hinterlassen hatte, und zog aus, um in der Fremde mein Glück zu versuchen. Nur Ibrahim, der alte Diener meines Vaters, begleitete mich.

Im Hafen von Balsora schifften wir uns mit günstigem Winde ein. Das Schiff, auf dem ich mich eingemietet hatte, war für Indien bestimmt. Wir waren schon fünfzehn Tage gefahren, als uns der Kapitän einen Sturm verkündete. Er machte ein bedenkliches Gesicht, denn es schien, als kenne er in dieser Gegend das Fahrwasser nicht. Er ließ alle Segel einziehen, und wir trieben ganz langsam dahin.

Die Nacht war angebrochen, hell und kalt, und der Kapitän glaubte schon, sich mit dem Sturm getäuscht zu haben. Auf einmal schwebte ein anderes Schiff ganz nahe vorbei, das wir vorher nicht gesehen hatten. Wildes Jauchzen und Geschrei kam herüber, was mich zu dieser angstvollen Stunde nicht wenig wunderte. Der Kapitän an meiner Seite wurde blass wie der Tod. "Mein Schiff ist verloren", rief er. "Seht nur, dort drüben segelt der Tod!" Ehe ich noch weiter fragen konnte, stürzten schon die Matrosen heulend und schreiend herbei. "Habt ihr ihn gesehen?", schrieen sie. "Jetzt ist es mit uns vorbei!"

Der Kapitän ließ Trostsprüche aus dem Koran vorlesen und setzte sich selbst ans Steuerruder. Doch vergebens! Jetzt brauste der Sturm auf, und ehe eine Stunde vergangen war, krachte das Schiff auf ein Riff und blieb sitzen. Die Boote wurden ausgesetzt, und kaum hatten sie den letzten Matrosen gerettet, versank das Schiff vor unseren Augen. So fuhr ich dann als ein Bettler in die See hinaus, aber der Jammer hatte noch kein Ende. Der Sturm tobte fürchterlich, und das Boot war nicht mehr zu steuern. Ich hielt meinen alten Diener fest umschlungen, und wir versprachen uns, nie voneinander zu weichen.

Endlich brach der Tag an. Da fasste der Wind das Boot mit harter Hand, und stürzte es um. Der Sturz hatte mich betäubt, und als ich wieder erwachte, fand ich mich in den Armen meines treuen Dieners. Er hatte sich auf das umgeschlagene Boot gerettet und mich hochgezogen. Von den anderen Schiffsleuten war aber weit und breit nichts zu sehen.

Der Sturm legte sich so plötzlich, wie er gekommen war, und wir entdeckten nicht weit von uns ein anderes Schiff. Die Wellen trieben uns dorthin, und ich erkannte das Schiff, das in der Nacht an uns vorbeigefahren war. Ich empfand ein sonderbares Grauen beim Anblick dieses Schiffes, doch es war unsere einzige Rettung. Darum priesen wir den Propheten Mohamed, der uns so wundervoll erhalten hatte.

Am Vorderteil des Schiffes hing ein langes Tau herab. Mit Händen und Füßen ruderten wir darauf zu, um es zu erfassen. Endlich glückte es uns. Noch einmal erhob ich meine Stimme, aber es blieb still. Da kletterten wir an dem Tau hinauf, ich als der Jüngste voran.

Was für ein Entsetzen! Welches Schauspiel sahen meine Augen, als ich das Oberdeck betrat!

Der Boden war mit Blut gerötet. Zwanzig bis dreißig Leichen in türkischer Kleidung lagen auf dem Boden. Am mittleren Mastbaum stand ein Mann, reich gekleidet, den Säbel in der Hand. Es war der tote Kapitän, und sein Gesicht war blass und verzerrt. Durch seine Stirn ging ein großer Nagel, der ihn an den Mastbaum heftete. Schrecken fesselte meine Schritte, und ich wagte kaum zu atmen.

Endlich war auch mein Begleiter heraufgekommen. Der Anblick ließ ihn erzittern, so viele schreckliche Tote. Nachdem wir aber den Propheten um Beistand angefleht hatten, wagten wir uns weiter. Bei jedem Schritt sahen wir uns um, aber alles blieb so, wie es war. Weit und breit war nichts Lebendiges zu sehen. Dann waren wir endlich bis an eine Treppe gelangt, die in den Schiffsraum führte. Dort machten wir erst einmal halt, und sahen einander fragend an.

"Oh Herr", sprach mein treuer Diener, "hier ist etwas Schreckliches geschehen. Mag das Schiff auch unten voller Mörder sein, ich will mich ihnen lieber ergeben, als längere Zeit unter diesen Toten zu verweilen." Ich dachte genau wie er, also fassten wir uns ein Herz und stiegen vorsichtig die Treppe hinab. Es war totenstill, und unsere Schritte hallten auf der Treppe. Jetzt standen wir an der Türe der Kajüte. Ich legte mein Ohr an die Türe und lauschte, aber es war nichts zu hören. Da machte ich die Türe auf. Das Gemach war in einem wüsten Zustand. Kleider, Waffen und andere Geräte lagen wild durcheinander. Hier hatte bestimmt die Mannschaft oder wenigstens der Kapitän vor kurzem noch gezecht.

Wir gingen nun weiter, von Gemach zu Gemach, und überall fanden wir herrliche Vorräte wie Seide, Perlen und Zucker. Ich war außer mir vor Freude, denn ich glaubte, es wäre alles mein. Ibrahim, mein Diener, machte mir aber klar, dass wir noch sehr weit vom Lande entfernt seien und keine menschliche Hilfe bekommen könnten.

Wir stiegen wieder zum Oberdeck hinauf und überlegten, dass wir die schrecklichen Leichen besser über Bord werfen sollten. Aber wie schauerlich war uns zumute, als wir merkten, dass sich keine Leiche aus ihrer Lage bewegen ließ. Sie lagen wie angewurzelt am Boden. Auch der Kapitän ließ sich nicht von Mast losmachen. Nicht einmal den Säbel konnten wir ihm aus der starren Hand entwinden. So verbrachten wir den Tag in hilfloser und trauriger Lage.

Als es Nacht wurde, erlaubte ich dem alten Ibrahim, sich schlafen zu legen. Ich selbst aber wollte auf dem Oberdeck wachen, um nach Rettung Ausschau zu halten.

Als der Mond um zur elften Stunde heraufzog, überfiel mich große Müdigkeit. Da setzte ich mich hinter ein Fass, doch es war mehr eine Betäubung als ein Schlaf, denn ich hörte Wellen an die Schiffswand schlagen und die Segel im Winde knarren. Auf einmal glaubte ich Stimmen und Männertritte auf dem Oberdeck zu hören. Ich wollte mich aufrichten, um danach zu schauen. Aber eine unsichtbare Gewalt hielt meine Glieder nieder.

Immer deutlicher wurden die Stimmen, und es war mir so, als hörte ich ein fröhliches Schiffsvolk bei der Arbeit. Manchmal glaubte ich sogar die kräftige Stimme eines Befehlshabers zu hören. Nach und nach schwanden mir aber die Sinne, und ich verfiel in einen tiefen Schlaf, der mit den Geräuschen von Waffen verbunden war. Ich erwachte erst, als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Es war alles wie gehabt. Unbeweglich lagen die Toten umher, und unbeweglich war der Kapitän an den Mastbaum geheftet. Ich lachte über meinen Traum und stand auf, um meinen Diener zu suchen.

Dieser saß ganz nachdenklich in der Kajüte. "Oh Herr!", rief er, als ich zu ihm trat. "Ich möchte lieber auf dem Grund des Meeres liegen, als in diesem verhexten Schiff zu verweilen." Ich fragte ihn nach der Ursache seines Kummers, und Ibrahim antwortete mir: "Als ich einige Stunden geschlafen hatte, wachte ich auf und vernahm, wie man über meinem Haupte hin und her lief. Ich dachte zuerst, Ihr wäret es, aber es waren bestimmt zwanzig Mann und mehr. Ich hörte sie rufen und schreien. Dann kamen schwere Tritte die Treppe herab, und ich verlor meine Besinnung. Nur wenige Augenblicke war ich hier und da bei Bewusstsein, und da sah ich nun denselben Mann, der oben am Mast fest angenagelt steht. Er saß dort drüben an dem Tisch, und er sang und trank."

Mein Ibrahim versank wieder in tiefes Nachdenken. Plötzlich schreckte er auf und rief: "Jetzt weiß ich es wieder!" Es fiel ihm nämlich ein Sprüchlein von seinem Großvater ein. Das Sprüchlein sollte gegen jeden Geister- und Zauberspuk helfen. Das gefiel mir wohl, doch trotzdem sahen wir die Nacht in banger Erwartung herankommen.

Neben der Kajüte war ein kleines Kämmerchen. Wir beschlossen uns dorthin zurückzuziehen und bohrten mehrere Löcher in die Türe. So konnten wir bei geschlossener Türe die ganze Kajüte überschauen. Ibrahim schrieb jetzt noch den Namen des Propheten in alle vier Ecken. Dann erwarteten wir die Schrecken der Nacht.

Es war um die elfte Stunde, als mich gewaltige Müdigkeit überfiel. Mein Gefährte riet mir, einige Sprüche aus dem Koran zu beten, was mir auch half. Mit einem Male schien es oben aber lebhaft zu werden. Die Taue knarrten, Schritte gingen über das Oberdeck, und mehrere Stimmen waren deutlich zu unterscheiden. Wir saßen schon mehrere Minuten in gespannter Erwartung, da hörten wir jemand die Treppe herabkommen. Nun fing Ibrahim an, den Spruch seines Großvater aufzusagen:

"Kommt ihr aus der Luft herab,
steigt ihr aus dem tiefen Meer,
stammt ihr von dem Feuer ab,
schlieft ihr in dem kalten Grab:
Allah ist euer Herr und Meister,
ihm sind gehorsam alle Geister."

Mit einem Krachen flog plötzlich die Türe auf. Es war der stattliche Mann, den ich am Mastbaum angenagelt gesehen hatte. Der Nagel ging ihm auch jetzt noch mitten durchs Hirn, den Säbel hatte er aber in die Scheide gesteckt. Hinter ihm trat noch ein anderer herein, weniger kostbar gekleidet. Ich hatte ihn oben liegen sehen. Der Kapitän war ganz bleich im Gesicht, und er sah sich mit wild rollenden Augen in der Kajüte um. Ich konnte ihn ganz deutlich sehen, als er an unserer Türe vorüberging. Er aber schien gar nicht auf die Türe zu achten, die uns verbarg.

Die beiden Gesellen setzten sich an den Tisch und sprachen laut miteinander in einer unbekannten Sprache. Sie wurden immer lauter und eifriger, bis endlich der Kapitän mit geballter Faust auf den Tisch schlug. Mit wildem Gelächter sprang der andere auf und winkte dem Kapitän, ihm zu folgen. Dieser stand auf, riss seinen Säbel aus der Scheide, und beide verließen das Gemach.

Wir waren froh, als sie weg waren, aber unsere Angst hatte noch kein Ende. Immer lauter und lauter wurde es auf dem Oberdeck. Man hörte Leute laufen und schreien, lachen und heulen. Dann hörten wie einen wahrhaft höllischen Lärm, Waffengeklirre und wildes Geschrei. Doch mit einem Male war es still. Erst nach vielen Stunden wagten wir uns hinauf, und es war alles wie zuvor.

So waren wir mehrere Tage auf dem Schiffe. Es ging immer nach Osten. Aber wenn das Schiff auch bei Tage viele Meilen zurückgelegte, schien es bei Nacht immer wieder zurückzukehren. Wir kamen einfach nicht vom Fleck, und konnten es uns auch nicht anders erklären, als dass die Toten jede Nacht mit vollem Winde zurücksegelten.

Um dieses nun zu vermeiden, zogen wir am Abend alle Segel ein. Darüber hinaus schrieben wir den Namen des Propheten und das Sprüchlein des Großvaters auf Pergament und banden es um die eingezogenen Segel. Dann warteten wir ängstlich in unserem Kämmerchen. Der Spuk schien dieses Mal noch schlimmer zu toben, aber siehe, am anderen Morgen waren die Segel noch aufgerollt.

Über Tag spannten wir jetzt immer nur so viele Segel auf, dass sie das Schiff sanft fortzutreiben konnten. Endlich, am Morgen des sechsten Tages, entdeckten wir Land. Wir dankten Allah und seinem Propheten für unsere wunderbare Rettung. Den ganzen Tag über und in der folgenden Nacht trieben wir an einer Küste dahin, und am siebenten Morgen glaubten wir eine Stadt zu entdecken. Mit großer Mühe ließen wir einen Anker in die See, setzten ein kleines Boot aus und ruderten mit aller Macht dem Lande zu.

Am Stadttor erkundigten wir uns nach dem Namen der Stadt und erfuhren, dass wir in Indien waren. Wir begaben uns in eine Karawanserei und ließen uns Erfrischungen reichen. Ich forschte auch nach einem weisen und verständigen Manne, der sich ein wenig auf Zauberei verstehe. Da führte mich der Wirt in eine abgelegene Straße. Er pochte an ein unscheinbares Haus, und man ließ mich mit der Weisung eintreten, ich solle nur nach Muley fragen.

In dem Hause kam mir ein altes Männlein mit grauem Bart und langer Nase entgegen. Er fragte nach meinem Begehr. Ich sagte ihm, ich suche den weisen Muley, und er antwortete mir, er sei es selbst. Nun fragte ich ihn um Rat, was ich mit den Toten auf dem Schiff machen solle. Er antwortete, die toten Leute seien wahrscheinlich wegen einer Missetat verzaubert. Der Zauber werde sich lösen, wenn man sie an Land bringe. Dies könne aber nur geschehen, wenn man die Bretter mitnehmen würde, auf denen sich die Toten befänden.

Muley sagte auch, dass ich als Finder das Schiff mit allen Gütern beanspruchen könne, aber ich solle ihm doch ein kleines Geschenk machen. Dafür würde er mit seinen Sklaven behilflich sein, die Toten wegzuschaffen. Ich versprach, ihn reichlich zu belohnen, und wir machten uns mit fünf Sklaven auf den Weg, die reichlich Werkzeug bei sich hatten. Unterwegs lobte der Zauberer Muley unseren Einfall, die Segel mit den Sprüchen des Korans zu umwinden. Er sagte, es sei dies das einzige Mittel gewesen, uns zu retten.

Es war noch ziemlich früh am Tage, als wir beim Schiff ankamen. Wir machten uns sogleich ans Werk, und in einer Stunde lagen schon vier Tote auf dem Kahn. Einige der Sklaven mussten sie an Land rudern, um sie dort zu verscharren. Als sie zurückkamen, erzählten sie, die Toten hätten ihnen viel Mühe erspart. Sowie man sie auf die Erde legte, seien sie zu Staub zerfallen. Wir machten damit weiter, die Toten auszusägen, und bis zum Abend waren alle an Land gebracht.

Jetzt war keiner mehr an Bord, bis auf den Kapitän, der noch immer an den Mast genagelt war. Vergeblich bemühten wir uns, den Nagel aus dem Holz zu ziehen. Er ließ sich nicht ein Haarbreit verrücken. Ich wusste keinen Rat mehr, denn man konnte doch nicht den Mastbaum abhauen, um ihn ans Land zu führen. Da ließ Muley schnell einen Sklaven an Land rudern, um einen Topf mit Erde zu bringen. Als dieser herbeigeholt war, sprach der Zauberer geheimnisvolle Worte darüber und schüttete die Erde auf das Haupt des Toten. Sogleich schlug dieser die Augen auf, holte tief Atem, und die Wunde des Nagels in seiner Stirn fing an zu bluten. Wir zogen den Nagel schnell heraus, und der Verwundete fiel einem Sklaven in die Arme. "Wer hat mich hierher geführt?", sprach der Kapitän, nachdem er sich ein wenig erholt zu haben schien. Muley zeigte auf mich, und ich trat vor. "Dank dir, unbekannter Fremdling, du hast mich von langen Qualen befreit. Seit fünfzig Jahren schifft mein Leib durch diese Wogen. Mein Geist war verdammt, jede Nacht in ihn zurückzukehren. Aber jetzt hat mein Haupt die Erde berührt, und ich kann versöhnt zu meinen Vätern gehen."

Ich bat ihn noch zu sagen, wie er zu diesem schrecklichen Zustand gekommen sei, und er sprach: "Vor fünfzig Jahren war ich ein mächtiger, angesehener Mann und wohnte in Algier. Die Sucht nach Gewinn trieb mich dazu, ein Schiff auszurüsten und Seeraub zu betreiben. Ich hatte dieses Geschäft schon einige Zeit ausgeübt, da nahm ich einen Derwisch an Bord, der umsonst reisen wollte. Ich und meine Gesellen waren rohe Leute, und wir achteten nicht auf die Heiligkeit des Mannes. Wir verspotteten ihn! Als er mir aber meinen sündigen Lebenswandel vorhielt, wurde ich sehr zornig, denn ich hatte die ganze Nacht mit meinem Steuermann in der Kajüte gezecht. Ich stürzte mich auf den Derwisch und stieß ihm meinen Dolch in die Brust. Sterbend verwünschte er mich zusammen mit meiner Mannschaft.

Fortan sollten wir nicht sterben und nicht leben können, bis unser Haupt die Erde berührt. Der Derwisch starb, und wir warfen ihn in die See, aber noch in derselben Nacht erfüllten sich seine Worte. Ein Teil meiner Mannschaft empörte sich gegen mich. Mit fürchterlicher Wut wurde gestritten, bis meine Anhänger unterlagen und ich an den Mast genagelt wurde. Doch die Empörer erlagen auch an ihren Wunden, und bald war mein Schiff nur noch ein großes Grab. Auch mir brachen die Augen. Mein Atem hielt an, und ich meinte zu sterben. Aber es war nur eine Erstarrung, die mich gefesselt hielt.

In der Nacht darauf, zur der Stunde, als wir den Derwisch in die See warfen, erwachte ich und alle meine Gesellen. Das Leben war zurückgekehrt, aber wir konnten nichts tun und sprechen, als was wir in jener Nacht gesprochen und getan hatten. So segeln wir seit fünfzig Jahren, können nicht leben und nicht sterben. Jetzt aber werde ich endlich sterben. Noch einmal sage ich dir Dank, du unbekannter Retter. Wenn Schätze dich lohnen können, so nimm mein Schiff als Zeichen meiner Dankbarkeit."

Der Kapitän ließ sein Haupt sinken und verschied. Sogleich zerfiel er auch zu Staub, wie seine Gefährten. Wir sammelten diesen in ein Kästchen und begruben ihn an Land. Aus der Stadt holte ich mir nun Arbeiter, die mir mein Schiff in einen guten Zustand versetzten. Die Waren an Bord tauschte ich mit großem Gewinn gegen andere ein, beschenkte meinen Freund Muley reichlich und schiffte mich mit einer neuen Seemannschaft in Richtung Heimat ein.

Ich machte aber noch einen Umweg, bei dem ich viele Inseln und Länder besuchte und meine Waren zu Markte brachte. Der Prophet segnete mein Unternehmen. Nach einem halben Jahr lief ich doppelt so reich in Balsora ein. Meine Mitbürger waren erstaunt über meinen Reichtum und mein Glück, und sie glaubten ich hätte das Diamantental des berühmten Sindbad gefunden. Ich ließ sie in ihrem Glauben.

Von nun an mussten die jungen Leute von Balsora, kaum achtzehn Jahre alt, in die Welt hinausfahren, um ihr Glück zu machen - genau wie ich. Ich aber lebte ruhig und in Frieden, und mache seither alle fünf Jahre eine Reise nach Mekka. Dort danke ich dem Herrn an heiliger Stätte für seinen Segen und bete auch für den Kapitän und seine Leute. Mögen sie trotz ihrer Sünden ins Paradies aufgenommen werden.