Die Verlobung

  • Autor: Dumas, Alexander

Am nächsten Morgen wurde Verlobung gefeiert. In der Mitte der langen Tafel saß auf der einen Seite die reizende Mercedes, rechts neben ihr, der alte Dantes und zu ihrer Linken ihr Vetter Fernand. Ihnen gegenüber saß der Bräutigam, ihm zur Seite Herr Morel, der sich die Verlobung seines zukünftigen Kapitäns nicht entgehen lassen wollte.

Auch Danglars und Caderousse waren anwesend. Caderousse hatte nur noch eine schwache Erinnerung an den Vorabend. Fernand quälte sich auf seinem Stuhl. Gelegentlich schaute er Richtung Türe und schien irgendetwas zu erwarten.

Da ergriff Edmond das Wort: "Durch die Hilfe von Herrn Morel, den ich nach meinem Vater am meisten auf dieser Welt zu verdanken habe, sind alle Schwierigkeiten beseitigt. Wir haben das Aufgebot bezahlt und um halb drei erwartet uns der Bürgermeister von Marseille um uns zu trauen."

Fernand schloss die Augen, und stieß einen dumpfen Seufzer aus, der sich jedoch in den Freudenrufen der Verlobungsgesellschaft verlor.

"So ist es gut", sprach der Vater. "Gestern Morgen angekommen und heute um drei Uhr schon verheiratet. Seeleute gehen rasch ans Geschäft."

Als es zwei Uhr war, ermahnte Mercedes, dass es Zeit wäre zu gehen. In diesem Augenblick sah Danglars, wie Fernand plötzlich seine verstörten Augen weit aufriss. Man vernahm ein dumpfes Geräusch auf der Treppe. Schwere Schritte kamen näher, Stimmengewirr und ein Klirren von Waffen, übertönten die Rufe der Gäste.

"Im Namen des Gesetzes!", rief eine scharfe Stimme. Es öffnete sich die Tür, und ein Kommissar, gefolgt von vier bewaffneten Soldaten, betrat den Saal. "Wer von Ihnen ist Edmond Dantes?"

"Ich bin es, mein Herr, was wollen Sie von mir?"

"Ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes."

Edmond verstand nichts. Gefesselt führte man ihn hinaus. Verzweifelt, mit Tränen in den Augen, blickte ihm Mercedes nach.

"Es ist ein Irrtum, es ist bestimmt ein Irrtum", murmelte der Reeder Morel, indem er seinen Arm tröstend um die Schultern des zitternden Vaters legte. "Gewiss ist Edmond in nicht einmal einer Stunde wieder bei uns! Wartet hier auf mich. Ich nehme den ersten Wagen, den ich treffe, und bringe euch bald Nachricht."

Die Gesellschaft war wie betäubt. Nach einiger Zeit rief einer der Gäste: "Hört, ein Wagen. Es ist Herr Morel. Er bringt ohne Zweifel gute Neuigkeiten." Mercedes und der alte Vater liefen dem Reeder entgegen. Morel war sehr blass.

"Meine Freunde, die Sache ist ernster, als wir dachten. Edmond wird angeklagt ein Agent von Napoleon Bonapartes zu sein."

Mercedes stieß einen Schrei aus und der Greis sank auf seinen Stuhl.

"Du hast mich hintergangen, Danglars", murmelte Caderousse. "Dein angeblicher Scherz wurde doch ausgeführt. Aber ich möchte nicht dass diesem alten Herrn und dem Mädchen solch großer Schmerz zugeführt wird. Ich werde ihnen alles sagen."

"Schweig!", zischte Danglars. "Wer sagt dir, dass Dantes nicht wirklich schuldig ist? Das Schiff hat die Insel Elba angelaufen, er ist an Land gegangen und einen Tag dort geblieben. Wenn man einen Brief bei ihm fände, so müsste jeder, der ihn unterstützt als Mitschuldiger gelten."

Caderousse spürte, dass es für ihn das Beste war, still zu halten. Auch wenn ihn sein Gewissen plagte. Der wahre Schuldige war Fernand. Er hatte den zerknüllten Brief aufgehoben und offensichtlich an den Staatsanwalt weitergeleitet. Wie geschickt Danglars die Sache eingefädelt hatte, entging ihm. Die Freunde machten sich auf den Rückzug.

Fernand nahm Mercedes Hand und führte sie zu den Kataloniern zurück. Herr Morel holte mit schnellem Schritt seinen Rechnungsführer und Caderousse ein. "Danglars, welches Unglück auch kommt, die Geschäfte müssen immer weiter laufen. Darf ich Sie bitten für die Zeit, bis Edmond wieder frei ist, den Posten als Kapitän der Pharao zu besetzten?"

"Sie wissen, dass ich die Führung eines Schiffes so gut beherrsche, wie ein Kapitän. Wenn Edmond aus dem Gefängnis kommt, brauchen Sie niemandem zu danken. Er nimmt seinen Platz ein und ich wieder den meinigen."

"Ich danke Ihnen Danglars. Damit ist alles geregelt. Ich werde mich beim Staatsanwalt für Dantes einsetzen."