Die drei Bergleute im Kuttenberg

  • Autor: Autor Unbekannt

In Böhmen lebten einmal drei Bergleute, die sehr fleißig und gläubig waren. Sie arbeiteten Tag für Tag hart, um ihre Frauen und Kinder gut ernähren zu können und gönnten sich kaum je eine Pause.

Schon früh am Morgen zogen sie aus in den Kuttenberg, um ihr Tagwerk zu verrichten, und hatten immer drei Dinge bei sich: ein Gebetbuch, ein Licht, das Öl für einen Tag trug, und einen Kanten trockenes Brot, das ebenfalls den Hunger für einen Tag stillen konnte. Bevor sie zu arbeiten begannen, beteten sie zu Gott und stellten ihr Schaffen im Berg unter seine Obhut. So ging es Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr.

Doch eines Tages geschah ein großes Unglück, welches das Leben der drei Bergleute von einer Minute auf die andere veränderte. Als die drei nämlich eines Morgens gerade mit ihrer Arbeit begonnen hatten, hörten sie plötzlich ein riesiges Getöse und mussten voller Schrecken feststellen, dass der Berg zu beben begann, Gesteinsbrocken durch die Gegend wirbelten – und schon bald der Eingang verschüttet war.

So sehr sie sich auch abmühten, alleine konnten sie sich aus dieser misslichen Lage nicht mehr befreien. Und so beteten die drei Bergleute im Kuttenberg zu Gott und baten ihn darum, ihnen beizustehen und zu helfen. Sie sagten: „Lieber Gott, wir haben nur Lampenöl und Brot für einen Tag. Wir müssen verhungern.“

Ihr ganzes Leben legten sie in seine Obhut und glaubten schon fest daran, bald sterben zu müssen. Doch bis es so weit war, wollten die drei die Zeit nicht einfach so verstreichen lassen. Und so arbeiteten sie fleißig, so wie sie es immer getan hatten, ihr ganzes Leben über.

Doch sie verhungerten nicht im Kuttenberg. Jahr um Jahr verging, davon jedoch bemerkten die Bergleute nichts. Für sie war es im Kuttenberg so, als würde gerade einmal ein Tag vergehen. Einzig ihre langen Bärte, die ihnen im Laufe der Zeit gewachsen waren und das zottelige Haar erinnerten sie daran, dass mit ihrer eigenen Zeitrechnung etwas nicht stimmen konnte.

Natürlich gingen alle Menschen in dem Dorf, in dem die drei Bergleute bis zu diesem Unglückstag gelebt hatten, davon aus, dass sie längst tot seien. Denn auch nach sieben Jahren hatte es immer noch kein Lebenszeichen von den drei Männern gegeben. Und so trugen sich ihre Frauen bald mit dem Gedanken, neu zu heiraten, denn sie meinten, sieben Jahre der Trauer seien genug.

Diese Veränderung spürten die Verschütteten irgendwie. Und eines Tages wünschte sich einer der verschütteten Bergleute aus vollem Herzen: „Ach, wenn ich doch nur noch einmal das Tageslicht sehen könnte, dann will ich wohl zufrieden sterben.“ Da sprach auch der zweite: „Und wenn ich noch einmal einen Abend bei meiner Frau am Tisch sitzen und ihr gutes Abendmahl genießen könnte, ja, dann wäre auch ich bereit zu sterben.“ Da besann sich auch der dritte Bergmann und sagte: „Ich würde beruhigt sterben können, wenn ich noch ein Jahr an der Seite meiner geliebten Frau leben könnte!“

Kaum hatten die drei Männer ihre Wünsche ausgesprochen, da hörten sie ein furchtbares Grollen. Es schien, als würde sich der Berg bewegen und zu leben beginnen. Und ehe sie sich versahen, tat sich ein Spalt auf, durch den sich die drei so lange Verschütteten den Weg nach draußen bahnen konnten.

Als nun der erste Mann das Tageslicht sah, lächelte er noch einmal und starb auf der Stelle. So wie er es sich gewünscht hatte. Die beiden anderen Männer waren ihm mit Abstand gefolgt und gingen nun zurück in ihr Dorf, wo sie aber niemand erkannte, denn sie trugen ja lange Bärte und zottelige Haare.

Als nun der zweite Bergmann das Haus seiner Frau betrat, da wollte sie ihm gar nicht glauben, dass er ihr Ehemann sei. Er aber entgegnete ihr: „Hol Schere und Rasierzeug aus der unteren Kommode im Badezimmer.“ Und sie tat, wie ihr befohlen worden war. Erst als sich der zweite Bergmann Bart und Haare kräftig gestutzt hatte, erkannte die Frau ihren Gatten und war überglücklich.

Sie bereitete ihm ein herrliches Abendmahl zu, das beide mit großem Appetit verspeisten. Doch als der zweite Bergmann den letzten Bissen hinunter geschluckt und sich bei seiner Frau für das gute Essen bedankt hatte, brach er am Tisch zusammen und war auf der Stelle tot. So wie er es sich im Berg gewünscht hatte.

Und der dritte Bergmann? Ja, der lebte tatsächlich ein ganzes Jahr glücklich mit seiner Frau zusammen. Aber genau in der Stunde, in der sich die unglaubliche Rettung der drei Bergleute jährte, brach auch er tot zusammen – und seine Frau gleich mit ihm. So hatte Gott die Wünsche der drei Männer ihres standhaften Glaubens wegen erfüllt.