Schneiders Höllefahrt

Schneiders Höllefahrt

[Dichter unbekannt]

Es wollt ein Schneider wandern
Am Montag in der Fruh,
Begegnet ihm der Teufel,
Hat weder Strümpf noch Schuh:
„He, he, du Schneidergesell!
Du mußt mit mir in die Höll,
Du mußt uns Teufel kleiden.
Es gehe, wie es wöll!"

Sobald der Schneider in die Höllen kam,
Nahm er seinen Meterstab,
Er schlug den Teufeln den Buckel voll,
Die Höll wohl auf und ab.
„He, he, du Schneidergesell!
Mußt wieder aus der Höll,
Wir brauchen nicht das Messen,
Es gehe, wie es wöll!"

Da zog er’s Bügeleisen raus
Und warf’s ins Höllenfeuer,
Er streicht den Teufeln die Falten aus,
Sie schreien ungeheuer:
„He, he, du Schneidergesell,
Geh du nur aus der Höll!
Wir brauen nicht das Bügeln,
Es gehe, wie es wöll!"

Drauf nahm er Nadel und Fingerhut
Und fängt zu nähen an,
Er flickt den Teufeln die Nasenlöcher zu,
So eng er immer kann.
„He, he, du Schneidergesell,
Pack dich doch aus der Höll!
Wir können nimmer riechen,
Es gehe, wie es wöll!"

Danach kam der oberste Teufel her
Und sagte: „Es ist ein Graus,
Kein Teufel hat ein Nasenloch mehr,
Jagt ihn zur Hölle hinaus
„He, he, du Schneidergesell,
Nun pack dich aus der Höll!
Wir brauchen keine Kleider,
Es gehe, wie es wöll!"

Nach dem er nun hat aufgepackt,
Da war ihm erst recht wohl,
Er hüpft und springet unverzagt,
Lacht sich den Buckel voll,
Ging eilends aus der Höll
Und blieb ein Schneidergesell:
Drum holt der Teufel kein Schneider mehr,
Er stehl, so viel er wöll.