Auf der "Jane Guy"

  • Autor: Poe, Edgar Allan

Die "Jane Guy" war ein stattliches Schiff von hundertachtzig Tonnen und einer Besatzung von fünfunddreißig Mann. Kapitän Guy, der zugleich Miteigentümer des Schoners war, war ein Mann von Format, der sich mit den Handelslinien des Südmeers sehr gut auskannte.

Am 10. Juli war der Schoner aus Liverpool abgefahren und hatte am 29. Kap Verde erreicht. Dann war er in Richtung Südwesten gesegelt. Das war am 3. August. Als sie uns aufnahmen, hatte der Schoner Kap Roque passiert. Dies lag am einunddreißigsten Grad westlicher Länge, was bedeutete, dass wir durch nicht weniger als fünfundzwanzig Grade von Nord nach Süd getrieben worden waren.

Die Besatzung der "Jane Guy" nahm und mehr als freundlich auf. Während der nächsten vierzehn Tage, in denen wir nach Südosten steuerten, erholten wir uns beide von den schrecklichen Ereignissen. Die leichte Brise und das gute Wetter trugen ihr Übriges dazu bei.

Natürlich erinnerte ich mich an einzelne Vorfälle noch ganz deutlich, aber meine Empfindungen waren abgeschwächt. Nur eins weiß ich noch gewiss; während der ganzen Zeit, als jene Ereignisse stattfanden, glaubte ich ständig, ein Mensch könne nicht noch größere Qualen ertragen.

In den nächsten Wochen geschah nichts besonders. Von Zeit zu Zeit trafen wir auf Walfischfänger und sehr oft schwarze Walfische. Am 16. September erlebten wir in der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung den ersten heftigen Sturm.

Am 13. Oktober sichteten wir unter dem 46° 53' südlicher Breite und dem 37° 46' östlicher Länge die Prinz-Eduard-Inseln. Die Insel Kerguelen, auch die "Insel der Trostlosigkeit" genannt, erblickten wir am 18. - im Südosten des Kaps der Guten Hoffnung, wo wir in Christmas-Harbour vor Anker gingen.

Am Morgen nach unserer Ankunft in Christmas-Harbour ließ der Steuermann Boote klarmachen zur Robbenjagd. Der Kapitän und ein junger Verwandter von ihm ließen sich an der Küste absetzen, weil sie auf der Insel was zu erledigen hatten. Sie hatten eine Flasche dabei, in dem sich ein versiegelter Brief befand. Sie gingen in Richtung des höchsten Berggipfels des Landes, in der Absicht, den Brief dort für ein anderes Schiff niederzulegen.

Als wir sie aus dem Blick verloren hatten, fuhren Peters und ich die Küste entlang. Wir beide befanden uns auf dem Boot des Steuermanns. Ungefähr drei Wochen suchten wir jeden Winkel sorgfältig genau ab, auch auf allen umliegenden Inselchen. Jedoch hatten wir wenig Erfolg. Wir sahen zwar viele Pelzrobben, aber sie waren äußerst misstrauisch. So beschafften wir, trotz aller Mühe, die wir uns gaben, lediglich dreihundertfünfzig Felle.

Seeelefanten gab es viele, vor allem auf der östlichen Küste der Insel. Allerdings erlegten wir nur zwanzig und die nur mit größter Schwierigkeit. Auf den kleinen Inseln sahen wir zahlreiche Robben mit rauen Borsten. Die ließen wir aber in Ruhe.

Am 11. November kehrten wir zum Schoner zurück. Der Kapitän und sein Neffe waren bereits an Bord und gaben eine sehr ungnädige Schilderung von Inneren der Insel. Sie nannten sie eine der traurigsten und wüstesten Gegenden der Erde. Infolge eines Missverständnisses vonseiten des Unterbootmannes, der sie hätte in einem Boot abholen müssen, hatten sie zwangsweise zwei Nächte auf der Insel verweilen müssen.