Das Trio

  • Autor: Beecher Stowe, Harriet

Nach Elisas Flucht blieb Haley nichts anderes übrig, als sich in dem kleinen Wirtshaus auszuruhen und über die Vergänglichkeit menschlicher Hoffnung und menschlichen Glückes im Allgemeinen nachzudenken. Er saß noch nicht lange in dem eher dürftig ausgestatteten Zimmer, als die laute Stimme eines Mannes, der vor der Haustür vom Pferd stieg, ihn aus seinen Gedanken riss. Die Stimme kam Haley bekannt vor und er eilte hinaus. Draußen stand ein sehr großer muskulöser Mann. Sein Rock war aus Büffelhaut und da er das Fell nach außen trug, wirkte er wild und zottelig. Sein Gesicht trug äußerst rohe Gesichtszüge und wenn man sich eine Bulldogge in menschlicher Gestalt vorstellt, die mit Rock und Hut bekleidet ins Zimmer stürzt, dann hat man einen guten Eindruck von diesem Mann, den Haley als Tom Locker begrüßte. Tom Locker hatte einen Reisegefährten bei sich, der das genaue Gegenteil von ihm zu sein schien; er war klein und schmal, seine Bewegungen hatten etwas katzenhaftes, sein Blick dagegen war ein lauernder Mäuseblick. Seinen dunklen Augen schien nichts Verborgen zu bleiben und seine spitze Nase war dafür geschaffen, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen. Haley kannte Tom Locker aus Natchez und setze sich mit ihm und seinem Reisegefährten zusammen.

Haley wusste, dass Tom Locker sich auf die Sklavenjagd verlegt hatte und hoffte über ihn an Harry heran zu kommen. Und so sprachen die drei Herren, die keine Herren waren, dem Punsch zu und berichteten sich gegenseitig von ihren Geschäften. Der mäusische Reisebegleiter stellte sich als Herr Marks vor und brüstete sich damit, der beste Betrüger im ganzen Land zu sein. "Tom besorgt die grobe Arbeit, die Schlägereien, Sie wissen schon. Aber ich komme im Galaanzug mit blank geputzten Stiefeln. Mal bin ich Herr Tricken aus New Orleans, mal habe ich eine große Plantage am Pearl River. Oder ich bin der Verwalter von Henry Clay. Ich kenne jeden Trick und kann jeden Friedensrichter dazu überreden, mich mit jedem Sklaven als mein Eigentum abziehen zu lassen."

Haley nickte zufrieden und schilderte die Erlebnisse des Tages. Als er geendet hatte, fragte Herr Marks: "Ist das Mädchen hübsch?" Haley nickte. "Dann nehmen wir sie. Und Ihr bekommt den Jungen." Tom, der eher langsam dachte, schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: "Ich mache mit." Und so wurde in dem schäbigen Wirthaus am Fluss Elisas Schicksal besiegelt. Die Sklavenjäger Marks und Tom Locker sollten dem armen Mädchen und ihrem Sohn nachsetzen und innerhalb von acht Tagen den kleinen Harry zu Haley zurückbringen. Elisa selbst sollte dann von Marks und Tom Locker für möglichst viel Geld verkauft werden. Für dieses Geschäft zahlte Haley auch noch 50 Dollar. "Unkosten.", sagte Marks schleimig. Noch am selben Abend wollten Marks und Tom Locker mit dem Mann, der auch Elisa über den Fluss hätte bringen sollen, die Verfolgung aufnehmen.

Als Sam und Andy zu Hause ankamen, waren sie sofort umringt von neugierigen Gesichtern. Herr Shelby holte Sam ins Wohnzimmer, damit er berichten konnte, was sich bei der Verfolgung zugetragen hatte.

"Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Elisa über die Eisschollen gesprungen ist. Es war wunderbar. Ja, es war wie ein Wunder. Und nun ist sie drüben in Ohio. Ein Mann stand am Ufer und half ihr an Land. Dann ist sie in der Dunkelheit verschwunden." Herr Shelby sah Sam zweifelnd an. "Sie ist über die Eisschollen gesprungen?" Sam nickte eifrig. "Genauso war es!" und dann berichtete er, wie er Elisa am Fenster gesehen und gleich darauf heftig geschrieen hatte, um sie zu warnen. Wie sie mit Harry aus dem Haus stürzte und sich dann auf die Eisschollen rettete. Frau Shelby hörte aufgeregt zu. Sie war totenblass. "Immerhin lebt sie noch. Aber wo ist sie jetzt?" "Sie ist in Gottes Hand.", versicherte Sam. Frau Shelby lächelte Sam an und schickte ihn dann zu Tante Chloe in die Küche. "Nimm Andy mit. Ihr müsst sehr hungrig sein."

Sam lief in die Küche und achtete darauf, demütig und unterwürfig zu erscheinen, da sein Verhältnis zu Tante Chloe eher kühler Natur war. Da die Herrin ihn geschickt hatte, wurden ihre Wünsche auf das Genaueste ausgeführt und bald saß Sam vor einer großen Pfanne, die die herrlichsten Köstlichkeiten der letzten Tage enthielt. Viele Zuhörer aus den anderen Hütten hatten sich eingefunden, um das Ende der Tagesereignisse mit an zu hören und so gab Sam, der sich selbst für einen begnadeten Redner hielt, seine Erlebnisse der ehrfürchtig lauschenden Schar zum Besten.