10. KapitelIn dem Don Quichotte hinter Gitter kommt

  • Autor: Cervantes, Miguel de

Inzwischen hatten alle genug von Don Quichottes Einfällen und deshalb beschlossen der Pfarrer und der Barbier, den Junker nach Hause zu schaffen. Damit er unterwegs keine Dummheiten mehr anrichten konnte, sollte er gut bewacht auf die Heimreise gehen. Ein Ochsentreiber baute einen Holzkäfig mit Rädern dran.

Nachts setzten die Gäste der Schenke und der Wirt Masken auf. Dann packten sie den wild um sich schlagenden Ritter an Armen und Beinen und schleppten ihn auf den Hof. Der Barbier verstellte seine Stimme und röhrte, so schaurig er nur konnte:

„Tapferer Löwe aus der Mancha. Bald schon wirst du mit der weißen Taube von Toboso vereint sein und eine ganze Schar von Löwenkindern hervorbringen. Harre nur geduldig aus und vertraue den Worten der Zauberin Lughilde.“

Mit diesen Worten steckten sie den Ritter in den Verschlag.

So setzte sich der sonderbare Zug in Bewegung. Don Quichotte fügte sich willig in sein Schicksal. Aber Sancho war nicht mit der Behandlung einverstanden, die man seinem Herrn angedeihen ließ. Er ritt neben dem Käfig und schimpfte:

„Was heißt hier verzaubert? Esst ihr nicht, trinkt ihr nicht und müsst ihr nicht hin und wieder ein großes oder kleines Geschäft verrichten?“

„Doch“ gab der Ritter achselzuckend zu, „warum?“

„Weil verzauberte Leute nichts von alledem tun!“

„Na ja“, meinte der närrische Ritter ungerührt, „so ist es eben in den Geschichten. Wenn man wirklich verzaubert ist, ist es halt anders.“

So ritten sie - abgesehen von einigen Pausen, um gewisse menschliche Bedürfnisse zu stillen – auf dem schnellsten Weg nach Hause. Die Nichte packte ihren Onkel gleich ins Bett. Dabei jammerte sie gar sehr, weil der Junker so dürr und ausgezehrt wie eine Mumie aussah.

Sancho aber ging zu seiner Frau, gab ihr einen dicken Schmatz auf die Wange und fragte: „Was gibt’s denn heut zu essen?“

„Ja, du bist mir recht“, gab sie enttäuscht zurück. „Nun warst du so lange weg und hast nichts anderes mitgebracht als einen Mordshunger?“

„Doch“, lächelte Sancho und tätschelte sich vor Freude auf das, was er auf dem Herd brutzeln sah, den Bauch.

„Ja, was denn, sag doch!“, drängte Teresa Pansa ungeduldig.

„Einen ganzen Berg Geschichten von Ritterabenteuern“, erklärte Sancho da stolz. „Freilich, nur, wenn es dich nicht stört, dass von 100 Unternehmungen 99 in die Hose gegangen sind.“

Mit diesen Worten packte er einen Teller und schaufelte ihn so voll er nur konnte.