Es war einmal ein Zimmergesell

[Achim von Arnim]

Es war einmal ein Zimmergesell,
War gar ein jung frisch Blut,
Er baut dem jungen Markgrafen ein Haus,
Sechshundert Schauläden hinaus.

Und als das Haus gebauet war,
Legt er sich nieder und schlief,
Da kam des jungen Markgrafen sein Weib,
Zum zweiten und drittenmal rief.

„Steh auf, steh auf gut Zimmergesell,
Denn es ist an der Stund
Hast du so wohl ja gebauet das Haus
So küß' mich an meinen Mund.“

„Ach nein, ach nein, Markgräfin fein,
Das wär uns beiden ein Schand,
Und wenn es der junge Markgrafe erführ,
Müßt ich wohl meiden das Land.“

Und da die beiden beisammen waren,
Sie meinen sie wären allein,
Da schlich wohl das älteste Kammerweib her,
Zum Schlüsselloch schaut sie hinein.

„Ach edler Herr, ach edler Herr!
Groß Wunder, zu dieser Stund
Da küßet der jung frische Zimmergesell,
Die Frau Markgräfin an Mund.“

„Und hat er geküßt meine schöne Frau,
Des Todes muß er mir sein,
Ein Galgen soll er sich selber baun
Zu Schafhausen draus an dem Rhein.“

Und als der Galgen gebauet war,
Sechshundert Schauladen hinaus,
Von lauter Silber und Edelgestein,
Steckt er darauf ein Straus.

Da sprach der Markgraf selber wohl:
Wir wollen ihn leben lan,
Ist keiner doch unter uns Allen hier
Der dies nicht hätte gethan.

Was zog er aus der Tasche heraus
Wohl hundert Goldkronen so roth,
Geh mir, geh mir aus dem Land hinaus,
Du findest wohl überall Brod.

Und als er hinaus gezogen war,
Da ging er über die Haid,
Da steht wohl des jungen Markgrafen sein Weib,
In ihrem schneeweißen Kleid.

Was zog sie aus der Tasche gar schnell,
Viel hundert Duckaten von Gold:
„Nimms hin, du schöner du feiner Gesell.
Nimms hin zu deinem Sold.

Und wenn dir Wein zu sauer ist,
So trinke du Malvasier,
Und wenn mein Mündlein dir süßer ist
So komme nur wieder zu mir.“