Friedrich Fröbel - Erfinder des Kindergartens

Friedrich Wilhelm August Fröbel wurde am 21. April 1782 in Oberweißbach in Thüringen geboren. Er war das jüngste von sechs Kindern des Pfarrers Johann Jakob Fröbel und seiner Ehefrau Jacobine Friederike Pastoris. Nur neun Monate nach Friedrichs Geburt starb seine Mutter, und mit ihr verschwanden alle Freude und Wärme aus dem Pfarrhaus. Sein Vater war ein streng gläubiger Mann. Er hatte nicht viel Zeit für seinen jüngsten Sohn. Und so erlebte Friedrich seine Kindheit als lieblos und einsam, denn er durfte nicht einmal das Grundstück verlassen, um mit den anderen Kindern im Dorf zu spielen.

Als Friedrich vier Jahre alt war, heiratete sein Vater noch einmal – die sehr viel jüngere Friederike Sophie Otto. Friedrich war glücklich darüber, denn anfangs kümmerte sich die Stiefmutter um den kleinen Jungen. Doch als sie einen eigenen Sohn zur Welt brachte, zog sie sich von Friedrich zurück. Er war ihr fortan völlig gleichgültig, was Friedrich sehr verletzte. Es ging sogar so weit, dass die Stiefmutter ihn nicht einmal mehr persönlich und mit „du“ ansprach, sondern nur noch über ihn sprach, als wäre er gar nicht vorhanden.

Weil Friedrich so wenig Kontakt zu anderen Menschen hatte, wandte er sich der Natur zu. Er verbrachte viel Zeit im Garten – und die Bäume, Büsche und Blumen ersetzten die Freunde, die ihm fehlten. Friedrich half seinem Vater oft bei der Gartenarbeit. Er sah die Natur wachsen und gedeihen – und erkannte darin die schöpferische Kraft Gottes, die sich überall in der Natur erahnen lässt. Diese Vorstellung prägte ihn ein Leben lang.

Friedrichs Elternhaus lag dicht gedrängt zwischen den anderen Häusern des Dorfes, die von Mauern, Hecken und Zäunen umgeben waren. Die Fenster des Pfarrhauses zeigten in zwei Richtungen. Von der Vorderseite des Hauses blickte man auf die große Kirche, von der Rückseite sah man auf ein Feld, das am Hang eines hohen Berges lag. Die frische Luft und der klare Himmel über dem Dorf faszinierten den kleinen Jungen so sehr, dass er sich auch viele Jahre später noch gut daran erinnern konnte.

Eines Tages verließ Friedrich trotz des Verbots doch einmal den Garten des Pfarrhauses, um eine kleine Wanderung zu machen. Als er wieder zurückkam, hatte er das Essen verpasst und wurde zur Strafe in den Keller gesperrt. Dort vergaßen ihn seine Eltern. Erst am nächsten Morgen wurde er wieder aus dem Keller geholt. „Mama hat mich beschützt“, sagte Friedrich da. Vom Kellerfenster aus hatte er auf das mit Blumen geschmückte Grab seiner Mutter geschaut, und in der Nacht hatte er von ihr geträumt – das war ihm ein kleiner Trost gewesen.

In seiner Einsamkeit zog sich Friedrich immer mehr in sich zurück – doch seine Eltern legten dies als Bosheit und Trotz aus. Und schon bald hatte er den Ruf, ein fürchterliches Kind zu sein. Von seinen Geschwistern lebte keines mehr zu Hause, und so gab es in seinem Elternhaus niemanden, der ihn unterstützte.


Im Hause des Onkels
Aber das Schicksal meinte es schließlich doch noch gut mit Friedrich. Sein Onkel Johann Christoph Hoffmann, der Bruder seiner verstorbenen Mutter, erkannte das Leid des Jungen und lud ihn ein, in seinem Haus in Stadt-Ilm zu leben. Und so verließ Friedrich sein Elternhaus und zog zu seinem Onkel und dessen Schwiegermutter, die dem Witwer den Haushalt führte. Beide kümmerten sich rührend um den Jungen und gaben ihm die Liebe und Fürsorge, die ihm zu Hause immer gefehlt hatte. Dadurch fand Friedrich wieder Kraft und Zuversicht. Er schrieb dazu später: „Ich trank hier frischen Lebensmut in langen Zügen.“

Das Leben im Hause des Onkels tat Friedrich in vielerlei Hinsicht gut: Es gab ihm eine religiöse Festigung, förderte seine künstlerische Begabung und stärkte ihn durch das viele Spielen auch körperlich. In der Schule machte Friedrich gute Fortschritte – er lernte eifrig Lesen, Schreiben, Rechnen, Religion und Mathematik, was sich zu seinem Lieblingsfach entwickelte. Außerdem lernte er viel über die Welt der Pflanzen und der Steine. Er interessierte sich auch für den Sternenhimmel und das Sonnensystem. Nun begriff er nicht nur das Zusammenspiel zwischen Gott, der Natur und den Menschen, sondern auch das zwischen den kleinen Einzelheiten und dem Großen, Allumfassenden in der Welt.

In der Schule begann Friedrich, seine verschiedenen Lehrer und ihre Unterrichtsmethoden miteinander zu vergleichen. Da gab es etwa den strengen Lehrer oder den menschlichen, freien Lehrer. Der Strenge ließ den Schülern keine Spielräume, sich zu entwickeln, was dazu führte, dass sich die Schüler verschlossen. Der menschliche, freie Lehrer hingegen weckte das Interesse der Schüler und bewirkte so, dass sie sich öffneten. Auf diese Weise konnte er im Unterricht viel mehr erreichen. Genau so war es mit seinem strengen Vater und dem milden, menschenfreundlichen Onkel. Diese Beobachtungen hinterließen einen starken Eindruck bei Friedrich und beeinflussten ihn später, als er selbst unterrichtete.


Fröbel wird Lehrer
Nach der Konfirmation verließ Friedrich das Haus seines Onkels, zog durchs Land und probierte verschiedene Berufe aus – eine Zeit lang war er Landvermesser, dann arbeitete er in der Forstwirtschaft. Doch der für ihn passende Beruf war nicht dabei. Auch ein in Jena begonnenes Studium gab er nach einer Weile wieder auf. Mit 23 Jahren zog Fröbel nach Frankfurt am Main, um Architektur zu erlernen. Dort traf er einen Freund, der ihn mit zu einer Schule nahm, die nach den Ideen des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi geführt wurde. Pestalozzi setzte sich dafür ein, dass alle Kinder eine grundlegende Schulbildung bekommen sollten, was damals noch nicht selbstverständlich war. Der Leiter der Schule, Gottlieb Anton Gruner, riet Fröbel, er solle doch Lehrer werden. Und plötzlich wusste Fröbel, dass genau dies das Richtige für ihn war. „Es war mir, als wäre ich schon längst Lehrer gewesen und eigentlich zu diesem Geschäfte geboren“, erklärte Fröbel. Schon bald sollte er selbst als Lehrer an der Pestalozzi-Schule unterrichten.

Fröbel war so begeistert von den Büchern, die Pestalozzi geschrieben hatte, dass er ihn unbedingt selbst einmal kennen lernen wollte. Also machte er sich zu Fuß auf, den großen Lehrer und Wissenschaftler in Yverdon in der Schweiz zu besuchen. Er blieb 14 Tage dort. Später reiste er noch einmal dorthin – diesmal zusammen mit den drei Söhnen einer Adelsfamilie, deren Hauslehrer er war. Dieses Mal blieb er zwei ganze Jahre in der Schweiz.


Das Internat in Keilhau
Im Jahre 1817 – nun 35 Jahre alt – zog Fröbel nach Keilhau zu seiner Schwägerin, der Frau seines verstorbenen Bruders Christoph. Diese hatte sich in der Stadt in Thüringen ein Haus gekauft, von dem Fröbel meinte, dass es sich gut als Internat eignen würde. Zusammen mit seiner Schwägerin und anderen Verwandten setzte Fröbel das Haus wieder instand und eröffnete dort schließlich die „Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt zu Keilhau bei Rudolstadt in Thüringen“.

1818 heiratete Fröbel Wilhelmine Hoffmeister. Mit ihr und mit ein paar anderen Verwandten führte Fröbel das Internat als Familienbetrieb. Um den Reformator Martin Luther zu ehren, nahm Fröbel zwei seiner Nachkommen, Ernst und Georg, bei sich auf – sie wurden in Keilhau erzogen und erhielten dort ihre Schulbildung. Das Einzige, was die Schule jetzt noch brauchte, waren Schüler. Also versuchte Fröbel, die Öffentlichkeit auf die Erziehungsanstalt aufmerksam zu machen und so Schüler für sein Internat zu gewinnen. Und es klappte: Nach fünf Jahren hatte Keilhau 22 Schüler, ein Jahr später 40 Schüler und nach neun Jahren sogar 60 Schüler.


Fröbels Idee von Erziehung
Fröbel hatte genaue Vorstellungen davon, wie die Erziehung und der Unterricht in Keilhau aussehen sollten. Geprägt von seinen eigenen Erfahrungen als Schüler, gab es ein freies und kameradschaftliches Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Er schrieb: „Der Umgang zwischen Lehrern und Zöglingen ist partnerschaftlich. Man redet sich mit ‚Du‘ an. Man trug eine einheitliche, einfache Kleidung; lange Haare waren üblich ... Abhärtung und einfache Lebensweise sind selbstverständlich, die Kost ist ländlich und gesund. Es wird viel Sport getrieben, im Sommer Laufen, Schwimmen und Spiel, im Winter Schlittschuhlaufen und Rodeln. Jedes Jahr wird eine größere Wanderung unternommen.“

Der Unterricht wurde so anschaulich wie möglich gestaltet, beispielsweise gab es eine Ritterrüstung, mit der man im Geschichtsunterricht häufig Szenen der Geschichte nachspielte. Doch trotz der guten Leistung aller Mitarbeiter und seines eigenen Engagements hatte Fröbel nicht das Gefühl, mit seinem Projekt erfolgreich zu sein. Die Gründe dafür waren unter anderem die ständige Geldnot und die schwankende Zahl von Schülern an seinem Internat.


Jahre in der Schweiz
Im Alter von 49 Jahren lernte Fröbel den Schweizer Komponisten und Schlossherren Xaver Schnyder kennen. Dieser interessierte sich für Fröbels Erziehungsmethoden und schlug ihm vor, eine Schwesterschule seines Internats in der Schweiz zu gründen. Und er hatte auch schon das geeignete Haus dafür parat: sein Schloss Wartensee außerhalb der Stadt Luzern. Und so geschah es. Fröbel zog in die Schweiz, um selber dort zu unterrichten. Er arbeitete vor allem mit älteren Kindern. Außerdem bildete er Lehrer aus.

Eine weitere Idee beschäftigte Fröbel während seiner Zeit in der Schweiz und nahm mehr und mehr Form an. Die Betreuung und Erziehung von Kleinkindern in einer eigenen Einrichtung – dem Kindergarten, wie er es nannte. Diesen Begriff wählte er bewusst, denn er verglich Kinder mit Pflanzen, die einen fruchtbaren Boden brauchen, um sich gut zu entwickeln.

Fröbel meinte, Spielen sei unheimlich wichtig für die gesunde Entwicklung eines Kindes. Außerdem entdeckten Kinder über das Spielen die Welt. Er entwickelte die so genannten Spielgaben: Spielmittel, die das Fühlen, Denken, Bewegungsvermögen, die Fantasie und die Kreativität der Kinder anregen sollten.


Die Geburt der Kindergärten
Im Jahre 1837, Fröbel war nun 55 Jahre alt, zog Fröbel mit seiner Frau Wilhelmine nach Bad Blankenburg. Dort eröffnete er seinen ersten Kindergarten. Parallel dazu rief er eine Ausbildung für Kindergärtnerinnen ins Leben, vermarktete seine Spielgaben und schrieb das Buch „Mutter- und Koselieder“. Um seine Idee von den Kindergärten weiter zu verbreiten, reiste er außerdem viel in Deutschland umher.

Am 13. Mai 1839 starb Wilhelmine Fröbel. Wilhelmines Tod traf Friedrich Fröbel schwer. Sie hatte ihn in seinem beruflichen Schaffen stets unterstützt, und so verlor Fröbel nicht nur seine Frau, sondern auch seine Mitarbeiterin und seine beste Freundin.

Anfang Mai 1849 zog Fröbel nach Bad Liebenstein, wo er einen Kindergarten eröffnen und Kindergärtnerinnen ausbilden wollte. Bad Liebenstein war zu der Zeit ein Kurort, der von wohlhabenden Leuten aus ganz Deutschland besucht wurde. Dort besaß der Herzog von Meiningen, der Fröbel und seine Arbeit unterstütze, ein kleines Jagdschloss. Fröbel wollte das Schloss Marienthal von ihm mieten, um dort ein Internat zu eröffnen. Aber der Herzog gab ihm nicht sofort seine Zusage, und so zog Fröbel erst einmal in einen Bauernhof am Dorfrand und bildete dort junge Frauen zu Kindergärtnerinnen aus. Die Schule war anfangs sehr klein. Fröbel unterrichtete, und eine frühere Schülerin, Henriette Breyann, führte den Haushalt. Als die Zahl der Schülerinnen wuchs, unterstützte sie eine weitere ehemalige Schülerin, Luise Levin. Kurze Zeit später heiratete Fröbel als 69-Jähriger die 33 Jahre jüngere Luise.

Im Frühjahr 1850 zog das Internat dann doch von dem Bauernhof ins Jagdschloss Marienthal um, nachdem der Herzog von Meiningen sich endlich entschieden hatte. Angeblich gab er letztlich deshalb sein Einverständnis, weil Fröbels Kleider immer so furchtbar nach Kuhstall rochen – Fröbels Zimmer lag nämlich direkt daneben.


Ende eines bewegten Lebens
Im August 1851 wurden Kindergärten im damaligen Preußen verboten. Man warf Fröbel sozialistische Überzeugungen vor und meinte, er wolle die Jugend zu Atheisten erziehen. Fröbel konnte sich das Ganze nur damit erklären, dass man ihn mit seinem Neffen Karl verwechselt hatte, der eine Schrift herausgab, die diesen Anschuldigungen entsprechen konnte. Es dauerte jedoch ganze neun Jahre, bis das Verbot wieder aufgehoben wurde. Fröbel selbst sollte dies nicht mehr erleben. Die viele Arbeit, die Misserfolge und letztlich das Kindergartenverbot hatten seine Gesundheit angegriffen, und so starb er nach kurzer, schwerer Krankheit am 21. Juni 1852 im Alter von 70 Jahren im Schloss Marienthal. Er wurde auf dem Friedhof von Schweina begraben – der über die Orte Altenstein, Bad Liebenstein und Marienthal blickt.

Ein Leben lang hatte sich Fröbel danach gesehnt, zu einer inneren Ausgeglichenheit zu finden – zu einer Lebenseinigung, wie er es nannte. Sein Ziel war das vollkommene Verschmelzen seiner Seele, seines Geistes und seiner beruflichen Bemühungen. Er hatte jedoch niemals das Gefühl, diese Lebenseinigung erreicht zu haben. Was sich für ihn im tatsächlichen Leben nicht verwirklichen ließ, setzte er jedoch bildlich in seinem Siegel um. Dort sind drei Kreise dargestellt, die für die Seele, den Geist und den Beruf stehen. Und diese Kreise fließen zu einem einzigen Ball zusammen – dem Ball, der auch gleichzeitig die allererste Spielgabe darstellt und Symbol ist für das Ganze und das Unteilbare in der Welt.