Frühstück in Paris

  • Autor: Dumas, Alexander

Am 21. Mai bereitete sich im Haus des jungen Vicomtes von Morcerf alles darauf vor, den Grafen von Monte Christo zu empfangen.

Es hatte noch kaum die elfte Stunde geschlagen, als dieser eintraf. Albert empfing ihn im Kreis von vier jungen Herren, denen es der Einfluss und Reichtum ihrer Eltern ermöglichte, das Leben auf die angenehmste Weise zu gestalten. Sie kannten alle Ecken des aufregend eleganten Paris mit seinen Theatern, Kabaretts und vornehmen Restaurants.

Es waren der Graf von Chateau-Renaud, der Privatsekretär des Innenministers namens Debray, der Journalist Beauchamps, der als Kritiker der Regierung gefürchtet war und Maximilian, der Sohn des Reeders Morel.

"Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen noch meine Braut, Fräulein Eugenie Danglars, vorstellen darf", wandte sich Albert an den Grafen von Monte Christo. Bei der Nennung dieses Namens schien das Gesicht des Gastes für einen kurzen Moment zu versteinern. Dann murmelte der Graf: "Ich denke, dass ich den Vater Ihrer Verlobten, den Baron Danglars, selbst bald kennen lernen werde, da ich durch das Haus Thomson und French in Rom einen offenen Kredit auf ihn habe."

Nun wurde Maximilian Morel wie von einem Blitz durchzuckt. "Thomson und French", meinte er bebend, "kennen Sie diese Bank?"

"Es ist die meine", erklärte der Graf auf eine Weise, die das Thema abschließen sollte.

Albert erkundigte sich nach der Wohnung des Grafen in Paris und erfuhr, dass dieser schon über eine eingerichtete Villa verfügte. "Sie haben immer bereits alles, was der Mensch braucht", erwiderte Albert lächelnd.

Nachdem die jungen Männer etwas später gegangen waren, führte Albert den Grafen von Monte Christo in das prächtige Wohnhaus hinüber. Hier stelle er ihm seinen Vater vor, einem Mann von fast fünfzig Jahren, den der Graf, unbeweglich wie eine Bildsäule, auf sich zukommen ließ, ohne ihm auch nur einen Schritt entgegenzugehen.

Fernand von Morcerf sagte: "Mein Herr, ich bin Ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Sie haben meinem Haus durch die Rettung meines einzigen Erben aus Räuberhand einen Dienst erwiesen, für den wir Ihnen ewig verbunden sein werden."

Der Graf erwiderte nichts, er schwieg.

In diesem Augenblick trat Alberts Mutter ein. Der Graf von Monte Christo machte eine tiefe Verbeugung, um seine seelische Berührung zu verbergen. Die Gräfin von Morcerf stand bleich und unbeweglich für einige Sekunden in der Türe. Dann schritt sie majestätisch zum Grafen von Monte Christo. "Auch ich verdanke Ihnen das Leben meines Sohnes. Ohne Ihr Eingreifen wäre Albert aus Rom nicht mehr zu mir heimgekehrt."

Der Graf verneigte sich wieder, diesmal vielleicht noch tiefer als das erste Mal. Er war noch bleicher als Mercedes.

Als er sie wenig später verließ, bestieg er ein prachtvolles Coupé mit einem Gespann, das den größten Pferdekenner in Bewunderung versetzt hätte. Er fuhr im Galopp davon; trotzdem erkannte er noch, dass sich oben der Vorhang des Salons bewegte.

Als Albert zurückkehrte, verstrickte ihn Mercedes von Morcerf in ein langes Gespräch über den Grafen. Er verriet ihre innere Anspannung, für deren Stärke sie selbst keine Erklärung fand.

"Ihr seid sehr blass, Mama", bemerkte der Sohn. "Ist Euch nicht wohl?"

"Es ist nichts", murmelte sie. "Ist dieser Mann dein Freund, Albert. Magst du ihn?"

"Er gefällt mir, trotz allem, was Franz d'Epinay gegen ihn einzuwenden hat."

"Was wäre das?"

"Er hält ihn für einen Menschen, der aus einer anderen Welt zurückgekehrt ist!"

"Aus einer anderen Welt…", hauchte die Mutter und zitterte heftig. "Sei klug, mein Sohn! Und bedenke, dass es wichtig sein könnte, sich die Freundschaft dieses Mannes zu erhalten. Manchmal fürchte ich, dass dein Vater Sorgen hat, die er vor uns verschweigt." Die Gräfin von Morcerf schloss die Augen und schien in tiefes Nachdenken zu versinken.

Nachdem ihr Sohn sie noch einmal zärtlich angeblickt hatte, entfernte er sich auf den Zehenspitzen.